In seinem Buch „Trotzdem Brüder“ beschreibt Armin Herrmann die deutsch-deutsche Geschichte der Firma Zeiss in Zeiten des kalten Krieges. Im „Westen“ und „Osten“ der Nachkriegszeit entwickelt sich das Traditions- und Hightechunternehmen von Carl Zeiss unter dem Einfluss und Druck der Besatzungsmächte ganz unterschiedlich, fühlt sich geographisch getrennt und doch durch das Stiftungsstatut von Ernst Abbe und auch persönlich verbunden.
In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges erfolgt der Befehl zur Vernichtung von wichtigen deutschen Industrieanlagen. Auch das Zeiss Werk in Jena soll gesprengt werden, damit möglichst wenig Ausstattung und damit Know-how in den Besitz der Besatzungsmächte gelangen kann. Eine Anweisung, welche die Führungskräfte von Zeiss, vor allem Heinz Küppenbender, verhindern wollen, da die Zerstörung von Wissenschaft und Industrie gleichzeitig einem Deutschland der Nachkriegszeit seine Zukunft nimmt. Zur Selbstzerstörung kommt es daher nicht, doch aufgrund der amerikanischen Luftangriffe werden auch die Werke von Zeiss stark beschädigt. Diese Schäden sind aber wohl nicht so stark wie zunächst angenommen. Ob falsche Einschätzung oder gezielte Desinformation seitens der Amerikaner, so produzierte das beschädigte Werk bis zum 12. April immer noch mit einer beachtlichen Kapazität von 60 Prozent. Man erwartet den unmittelbaren Einmarsch der Besatzungsmächte. Am 13. April 1945 erreicht ein einzelner amerikanischer Soldat als erstes das Zeiss-Werk, betritt das Betriebsgelände und verlangt nach der Geschäftsleitung. Hugo Schrade und Heinz Küppenbender empfangen den einsamen Soldaten, der einem seltsamen Hobby frönt. Beide Führungskräfte von Zeiss sollen die weiteren Jahre die Firma Zeiss fortführen, allerdings auf den verschiedenen Seiten in „Ost“ und „West“ und unter ganz unterschiedlichen weltanschaulichen Bedingungen. Deutsche Technik und Forschung ist anderen Ländern teils Jahre und Jahrzehnte voraus und damit auch eine gefragte Kriegsbeute. Allerdings sollte Thüringen zur sowjetischen Besatzungszone werden und die Amerikaner bald abziehen. Nicht viel Zeit für die Amerikaner, Teile des Zeiss Werkes zu demontieren, zu verladen um dieses in der amerikanisch besetzten Zone neu aufzubauen oder direkt nach Amerika zu exportieren. Auch hätte dies gegen Vereinbarungen unter den Allierten verstoßen. Dennoch werden Dinge verladen und dafür immerhin Requisitionscheine über 13 Millionen Reichsmark ausgestellt. Geldmittel, die beim späteren Wiederaufbau einer wichtige Rolle spielen werden. Mit dem Wissen nicht alles mitnehmen zu können und zu dürfen, wollen sich die Amerikaner mit „We take the Brain“ die führenden und leitenden Köpfe von Zeiss sichern. So erfolgt der Befehl, dass 84 Zeissianer und 41 Glasmacher von Schott Jena verlassen müssen. Da auch die Geschäftsleitung auf der Liste steht, müssen diese Vertreter für deren „kurze“ Abwesenheit bestimmen. Mit persönlichen Habseligkeiten und den Familien geht es nach Heidenheim, also einem Standort ohne Maschinen oder eine Fabrik. Während die verbliebenen Mitarbeiter in Jena mit dem Wiederaufbau beginnen, herrschte Heidenheim Mangel, Stillstand und auch Frustration, welche an der richtigen Entscheidung des Zwangsumzuges teils zweifeln lässt. Statt ein neues Zeiss-Werk aufzubauen geht es vorrangig um die Sicherung von Wissen und Knowhow auf Gebieten in den Deutschland immer noch führend ist. Es folgt durch die Militärregierung gibt den Zeissianern im Exil zwar die Erlaubnis zur Produktion. Allerdings fehlt sowohl ein Werk und Maschinen. Die Wahl fällt auf eine zwar neu erbaute und leerstehende, aber durch die Bevölkerung geplünderte Fabrik der ehemaligen Werkzeugfabrik Leitz in Oberkochen. Die benötigten Maschinen stammten von Außenstellen von Zeiss, welche nach Einflussnahme der Militärregierung abgebaut werden dürfen und nach Oberkochen kommen. 1946 werden die Opton Optischen Werke Oberkochen GmbH mit der Zustimmung aus Jena gegründet. Heinz Küppenbender wird zum führenden „Architekt“ von Zeiss „West“. Im Exil feierte man im November 1946 das 100jährige Bestehen der Firma und befürchtete gleichzeitig am Stammsitz Jena dessen Niedergang und Verstaatlichung. Grund zum feiern gint es nicht, da die sowjetische Militärverwaltung auf einmal die Demontage von Zeiss Jena beschlossen hat. 1945 werden die Betriebe im Osten beschlagnahmt und ein Militär zum Generaldirektor eingesetzt, um über die Reparationserfüllungen zu wachen und das Knowhow zu sichern. Nach den Aufräumarbeiten der Luftangriffe, der Reparatur und Wiederaufnahme der Produktion erfolgt der Befehl zur Demontage der Carl Zeiss Werke. Mit den Maschinen wurden auch über 274 Mitarbeiter von Zeiss und 15 von Schott zu fünf Jahren Arbeit in der Sowjetunion zwangsverpflichtet und mit ihren Familien kurzfristig in die Sowjetunion gebracht um die das technische Know-how dort anzusiedeln.
Lediglich 6% der Ausstattung und Maschinen durften im geplünderten Standort Jena für einen „zweiten“ Wiederaufbau verbleiben. Oberkochen wird damit zum Hoffnungsträger zum Weiterleben der Carl Zeiss Stiftung, während das Werk in Jena immer weiter verstaatlicht wurde. Zeiss Oberkochen oblag es damit der Aufgabe die Tradition fortzusetzen und die Carl-Zeiss-Stiftung in Westdeutschland fortzuführen. Gleichzeitig folgten die Bestrebungen den Stiftungssitz von Jena in den Westen zu verlegen. Die Verlegung in den Westen wird 1945 genehmigt und 1954 der Rechtsitz in Jena aufgehoben, wobei diese Aufhebung in Jena nicht anerkannt wurde. Man war zwar getrennt, fühlte sich aber immer noch durch persönliche Kontakte und dem Geiste der Zeissstiftung verbunden, in einer Zeit wo man dachte, dass die Aufteilung in Besatzungszonen absehbar sein wird. Mit der zunehmenden Verfestigung von Grenzen wuchs auch der Druck und Einfluss von außen. Das Werk in Oberkochen wächst und nimmt geflüchtete Mitarbeiter und damit auch entsprechende Fachkräfte aus Jena auf. In Jena wird das Werk immer mehr zum volkseigenen sozialistischen Betrieb umgebaut. Ost und West werden zu Konkurrenten auf dem Weltmarkt und zu Prozessgegnern bei Rechtsstreitigkeiten um Patente, Namen und Warenzeichen rund um den Erdball. Auf die immer noch bestehenden grenzüberschreitenden freundschaftlichen Verbindungen folgt politischer Druck und Einflussnahme. Es kommt zur Bespitzelung durch die Staatssicherheit und „IM“ (Inoffizielle Mitarbeiter …das nicht immer freiwillig), Verhaftungen und wohl auch „Todesfällen“. In der Belegschaft kam es zur Republikflucht was die SED als entsprechende Abwerbung von Fachkräften beurteilt, um die Wirtschaft zu schädigen und bald hörte man von Ulbrich den berühmten Satz „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“ und so wurde die Teilung von Deutschland durch eine entsprechende Sperrzone zementiert.
Im Buch erzählt Armin Herrmann die Geschichte von Zeiss bin in die Zeit der Wiedervereinigung weiter. Die Welt ist klein. Ein evangelischer Pfarrer mit dem ich beruflich zu tun habe, spricht mich auf das Buch an. Was lese ich da gerade? Was interessiert mich an Zeiss? Es stellt sich heraus, dass dieser 1950 geboren ist und seine Kindheit, Jugend, Schulzeit in Oberkochen verbracht hat. Nachdem er das Buch selbst gelesen hat. wird ihm die eine oder andere Erinnerung seiner Heimat klarer. Im Buch genannte Namen kommen ihm bekannt, waren dass nicht die Väter von Mitschülern oder der ehemalige Trainer? Er erinnert sich auf jeden Fall, dass teils der „ostdeutsche Dialekt“ seiner Freunde auf ihn abgefärbt hat, er dann von seinen Eltern entsprechend gescholten wurde.