Polaroidkameras und die kleinen Sofortbilder sind konkrete Erinnerungen und Bestandteil aus meiner Kindheit. Genauer gesagt, handelte es sich wohl um eine Polaroidkamera der 600er Serie, welche hauptsächlich aus Plastik bestand. Der surrende Elektromotor quetschte mit einem ikonischen Geräusch bis zu 10 Bilder aus der der Kartusche, welche immer viel zu schnell leer war. Das Bild selbst entstand wie von Zauberhand nach etwa einer Minute und ist auch nach 40 Jahren noch erhalten.
Im Gegensatz zur Digitalfotografie, bei welcher das Ergebnis auch sofort auf dem Display gezeigt wird, hatte man mit einem Polaroid doch etwas Physisches in der Hand. Im Gegensatz zur 600er aus Plastik oder dem Klassiker SX-70 eines Andy Warhol, handelt es sich bei der der Pathfinder 110A, 110B oder 120 um wahre „Polaroid-Giganten“.
Innen drin befinden sich zwei Walzen, welche eine Entwicklerpaste zerquetschen, zwischen dem Negativ und Positiv verteilen und dann innerhalb von 10 Sekunden ein SW-Foto oder in 60 Sekunden ein Farbbild entwickelten – Fotolabor „to go“.
Polaroid machte Fotografie damit sofort erlebbar, da einem ein Farblabor oder Schwarzweisslabor „in die Hand“ gegeben wurde. Hinzu kommt dass es sich um Unikate handelt, da eben vom Negativ nicht so ohne weiteres Abzüge reproduziert werden können.
Edwin Herbert Land gilt als Erfinder der Polaroid Bildes. Der Name Polaroid verdankte die Firma aber eigentlich Polarisationsfiltern und Sonnenbrillen. Land gilt in den Beschreibungen als ruheloser Charakter zwischen Künstler und Wissenschaftler der nicht locker gab, bis er eine technische Lösung gefunden hatte. Nach der urbanen Legende fragte ihn seine Tochter „Daddy, why can‘t I see the picture right away?“, wenige Jahre später hatte er dafür nicht nur eine Lösung gefunden, sondern ein Produkt herausgebracht, welches in in kürzester Zeit ausverkauft war.
Filme gibt es für die 120er leider nicht mehr und so stellt sich schon die Frage, ob dieses „alte Eisen“ völlig obsolet geworden ist. 2008 wurde die Produktion von Polaroidfilmen eingestellt und damit Fotografen ein ganz bestimmtes Medium genommen. Auch wenn es zu einer Renaissance der Sofortbildkameras, besser gesagt einer Wiederaufnahme der Produktion kam, gibt es den notwendigen Originalfilm für diese Kamera nicht mehr. Auch unterscheiden sich die Polaroidfilme von früher und heute, da die Rezepte völlig neu erfunden werden mussten. Ein Fall von Reverse Engineering, also ein Prozess bei dem ein bestehendes Produkt analysiert wurde, um dessen Struktur und Zusammensetzung zu verstehen.
Meine 120er ist der „Pathfinder“ 110A sehr ähnlich, hat aber doch ein paar wesentliche Unterschiede. Sie ist beispielsweise etwas später hergestellt zwischen den Jahren 1961 bis 1965. Die Kamera ist „made in Japan“ und wurde von Yashica für die Polaroid Corporation hergestellt. Damit ergeben sich ein paar interessante Unterschiede. Beispielsweise ein Seikosha-SLV Zentralverschluss verbaut der kürzeste Verschlusszeiten von 1/500 statt 1/300 einer 100A liefert.
Der 120er fehlt das Pinhole in der Objektivkappe, denn die kleinste Blende beträgt hier 90.
Fokussiert wird mit einem Drehknopf, der sich unter dem Laufboden befindet.
Das Objektiv in ein vierlinsiges Yashinon 127mm f4.7.
Bei der 120er und 110A handelt es sich um einen monströs aufgeblasene Laufbodenkamera mit Zwillingseinblick in Form eines Sucherfensters (VIEW) und eines Entfernungsmessers (RANGE). Bei der 110B sind beide Fenster in Form eines echten Messsuchers kombiniert. Die Oberkappe besteht aus Kunststoff, ebenso wie die Fenster des Sucher, welche mir damit doch etwas kratzempfindlicher erscheinen.
Eigentlich bieten die „Land“ gleich drei Möglichkeiten an, diese zu reaktiveren. Entweder man rüstet die Kamera auf 120er Rollfilm um, man adaptiert ein aktuelles Polaroidrückteil oder rüstet die Kamera zur Verwendung von Planfilmkassetten um.
Im Internet gibt es allerlei unterschiedlich gut funktionierenden Lösungen. Es gibt auch ein fertig gedrucktes Umbaukit aus dem 3D-Drucker. Dessen Anbieter bietet freundlicherweise auch sämtliche Dateien zum kostenlosen Download an. So hat man dann doch die Möglichkeit die eine oder andere Änderung vorzunehmen oder im gewünschten Material und Druckqualität zu drucken.
Wem das Original wie hier gezeigt fehlt, der kann ein solches mit den kostenlosen Vorlagen selber drucken.
Da mit solchen Umbauten ein anderes Rückteil angepflanzt wird, verschiebt sich natürlich die Filmebene und damit auch der Fokus.
Damit besteht auch die Notwenigkeit ein entsprechendes Mattscheibenrückteil zu drucken, um wenigstens vor der ersten Verwendung den Fokus nochmals zu kontrollieren und damit auch die Genauigkeit des Messsuchers. Professionelle Umbauten gibt es teils für teures Geld zu kaufen. Die professionellen umgebauten Kameras sind aber wohl teils „Hybridkameras“, also Kameras bei denen der Sucher von einer anderen Polaroid stammt, nicht aber von einer 110A oder 120. Besser für eine Adaption erscheint mir daher direkt eine 110B, welche aber entsprechend seltener zu finden sind. Bei der 120 und 110A ergibt sich aus meiner rein subjektiven und persönlichen Sichtweise ein Problem. Gerade bei den Planfilmkassetten fällt auf, dass das volle 4×5 Format nicht vollständig belichtet werden kann oder ansonsten der Einblick zum Entfernungsmesser verdeckt wird. Das ist der Grund weshalb ich diese sehr interessante Kamera letztlich nicht auf Planfilm umgerüstet habe – daher nur weitere Impressionen.