Ein ganz normaler Kauf bei „Kleinanzeige“. Eine Vorkriegs-Kodak Retina IIa (Typ 150) ist ohnehin schon recht selten. Die Kamera, die von 1939 bis 1941 gebaut wurde, gibt es im umfangreichen „Retina-Universum“ nur etwas mehr als 5000 Mal. Ein Meßsucher mit einem Compur-Rapid. Die modifizierte Kodak Retina IIa taucht erst Jahre später wieder als Nachkriegsmodell auf. Mit dem Xenon 50mm f/2.8 an meiner Vorkriegs-Retina IIa Typ 150 stimmt etwas nicht. Laut der Seriennummer ist es ab 1938 bis 1939 datiert. Was meint Friedrich mit „Super-Xenar“ über meinem Neukauf? Doch kein Xenon 50mm f/2.8? Daher soll es in diesem Artikel allein um das Objektiv gehen, die 150er selbst wird an anderer Stelle vorgestellt.
Das Xenon 50mm f/2.8 ist nach üblichem Verständnis weder ein echtes Xenon noch ein wirkliches Xenar, sondern das sogenannte „Super-Xenar“. Das normale „Xenar“ von Alfred Tronnier ist ein Vier-Linser, das „Xenon“ ein Sechs-Linser. Das „Super-Xenar“ mit seinen fünf Elementen in vier Gruppen liegt dazwischen, denn bei diesem Xenar wurde das Frontelement in zwei Elemente gesplittet. Bei der Agfa Karat 12/36 wird das Objektiv als „Xenar“ bezeichnet, bei der Kodak IIa (Typ 150) jedoch als „Xenon“. Das „Super-Xenar“ findet man üblicherweise nur an der Agfa Karat 12 oder sehr wenigen frühen Exemplaren der Agfa Karat 36. Die Karat 12 nutzte noch 12 Aufnahmen mit der Karatpatrone, während die Karat 36 die normale 135er Kleinbildpatrone „made by“ Dr. Nagel der Kodak Werke in Stuttgart-Wangen verwendete.
Die Bezeichnung oder Gravur „Super“ sucht man vergeblich auf den Objektiven. Ein Objektiv mit der Bezeichnung „Super-Xenar“ gibt es offiziell wohl nicht. Die Festschrift zum 25-jährigen Firmenjubiläum von Schneider-Kreuznach aus dem Jahr 1938 erwähnt allerdings ein Xenar mit fünf Linsen. Das „S-Xenar“ einer Rollei 35 ist damit nicht gemeint. Was macht aber das Objektiv so „super“? Man muss bedenken, dass Vorkriegsobjektive noch unvergütet sind. Während der Sechslinser Xenon 50mm f/2 zwar lichtstärker ist, hatte es dennoch mit Kontrastverlusten zu kämpfen. Lichtstärke war vielleicht ein wichtiges Verkaufsargument, aber in Bezug auf Bildqualität nicht immer ausschlaggebend. Das Xenar 2.8 war eine Sonderkonstruktion in Form eines fünflinsigen, halbverkitteten, unsymmetrischen Anastigmaten mit höherer Lichtstärke und Koma-Korrektur. Nach dem Krieg wurde das Xenar neu gerechnet, die Lichtstärke von f/3.5 auf f/2.8 erhöht, blieb aber ein klassischer Vierlinser. Das Super-Xenar, dessen „Präfix“ niemals offiziell auftauchte und wohl nur in überschaubaren Stückzahlen produziert wurde, wurde je nach Kamerahersteller mal als „Xenar“ oder „Xenon“ ausgeliefert, ist aber offenbar aus der Produktpalette verschwunden. Sicherlich wurde es nicht obsolet, war aber mit einem Element mehr bei gleicher Lichtstärke im Marketing wahrscheinlich teurer.
Scans der analogen Fotos von der Kamera folgen in Kürze!