Diax II – die „blaue Ulmer Mauritius“?

Die Diax II ist ein äußerst kompakter Meßsucher der kleinen Kameraschmiede von Walter Voss aus Ulm an der Donau.

Die Geschichte um das Unternehmen der Nachkriegszeit, das nie mehr als 70 Mitarbeiter hatte, habe ich bereits in zwei Artikeln der mit der Diax I und der Diax IIa skizziert. Das erste Produkt von Walter Voss, welches in Festungsanlagen von Ulm gebaut wurde, war ein aufsteckbarer Entfernungsmesser, der Photometer. So war es sicherlich naheliegend diesen und die Diax I zusammenzuführen, um daraus einen echten Meßsucher zu bauen – die Diax II.

Im ohnehin kleinen Diax-Mikrokosmos handelt es sich um eine sehr seltene Kamera, welche lediglich in den Nachkriegsjahren 1952-54 gefertigt wurde. Der Zentralverschluss in Form von einem Synchro-Compur bildet Verschlusszeiten von bis zu 1/500s.

Beim fest verbauten Objektiv gab es unterschiedliche Varianten wie das Xenar 45mm f2.8, Xenon 45mm 1:2 und das Rodenstock Heligon 45mm f2, welches Diax Sammler Fabian S. fast als die „blaue Mauritius unter den Diaxen“ bezeichnet, den noch seltener ist nur die DIAX Standard. Wie auch immer, ganz klar, muss ich haben! Die Insel Mauritius ist von Oberschwaben weit weg, der Reimport meiner Diax II glich aber dennoch einer halben Odyssee. Die kleine Kameraschmiede hatte ihren Schwerpunkt auf den Export gerichtet, mein Exemplar war daher auch nicht in Deutschland, sondern in England zu finden. Nach dem Hackerangriff auf die Royal Mail im Frühjahr 2023 und den noch darauffolgenden Streiks, dauerte es fast taggenau ein viertel Jahr, bis die Kamera letztlich in Oberschaben eintraf.

Die Kamera ist nicht zum anschauen gedacht. Der Zentralverschluss ist wartungsarm und zuverlässig, aber das Mischbild des Entfernungsmessers ist in der Vertikalen verschoben. Ein Blick und treffender Fingerzeig von Fabian F. in die ebenso seltene „Diaxbibel“ von Peter Geisler verrät: unter dem Zubehörschuh befindet sich wohl ein Wartungsfenster- leider aber nur für die horizontale Justierung.

Das heißt die Kappe muss doch ganz runter. Bei der Justierung bietet sich aber daher gleich die Möglichkeit, den Meßsucher nach Jahrzehnten entsprechend zu reinigen.

Nach etwa 70 Jahren mit unbekannten Wegen in England, in den Wirren der Royal Mail verschollen, wiedergefunden, gelagert, geöffnet, bewertet, verzollt und versteuert ist die Diax II sozusagen wieder zurück in der „Heimat“ angekommen.

Musik von Ronald Kah, Web: https://ronaldkah.de/

6 Replies to “Diax II – die „blaue Ulmer Mauritius“?”

  1. Wie schön, dass in dem Fall ICH Dich mal mit nem Virus infizieren konnte und nicht nur immer Du mit neuen Versuchungen:)

  2. Hochwertiges Stückchen Kamerageschicht. Habe eine 1 und eine 2. Was hasst Du für einen Film verwendet, dass der so schön grobkörnig ist?

  3. Habe eine Diax I (1950). Eine schöne Kamera. Leider ist die Entfernungseinstellung blockiert (nicht bei unendlich; hatte Verdrehung auch die Auslösung verklemmt). Gibt es Infos zum Aufbau, z.B. ein Schnittbild der Kamera? Die Frontteile habe ich gelöst, das zeigt den „klassischen“ Compur im „Inneren“, leider schaffe ich nicht, den hinteren Schraubring des Compurs zu lösen …

  4. „es wurde aber bekannt, dass einzelne Exemplare bereits auslösen, während man am Filmtransportrad dreht.“ – das hatte ich auch, war relativ einfach zu beheben, Grund i.w. leichte Verdrehung des Compurs relativ zum Gehäuse, wenn’s mehr ist, ist Aufziehen und Auslösen nicht möglich.

  5. Die Diax ist eine äußerst solid aufgebaute Kamera.
    Viel Messing, kein Alu. Einzige Schwäche: 0.5mm Steigung beim Gewinde der Entfernungseinstellung.
    Alu wie bei DDR-Objektiven führt da bei steigender Kraftanwendung wegen steigender Reibung unweigerlich zum Festfressen. Alter und Abrieb sind unvermeidbar; stark verharztes Fett wie hier nicht. Festfressen hatte ich bei Messing vor meiner Diax noch nie gesehen. Aber wenn die Gewindespitzen so stark abgerieben sind wie hier geht nichts mehr, auch nicht penible Reinigung und Schmierung.
    Vorzeitige Auslösung einer Diax deutet in der Regel auf zuviel Kraftaufwand zur Entfernungseinstellung hin. Dann ist das ein überaus deutlicher Notschrei der Kamera nach Wartung.
    Meine landet als „defekt, nicht reparierbar“ in meiner Sammlung. Schade.

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