Keinem Kamerahersteller durfte nach dem großen Erfolg der Rolleiflex eine eigene TLR in seinem Portfolio fehlen. Mamiya kopierte zunächst wie andere auch das Prinzip der Rolleiflex, ging aber dann in der dritten Generation von TLRs neue Wege. Nach der A- und B-Serie kam 1957 die erste Mamiya Flex C Professional auf den Markt. Die Modellreihe wurde dann wie folgt gepflegt. Die C2 – C22 – C220 Reihe war wie die Rolleicord für den Amateurmarkt gedacht, während sich die Professional C3 – C33 – C330 an ambitionierte Fotografen und Berufsfotografen richtete. Die Professional Modelle unterscheiden sich beispielsweise durch die Kurbel statt dem Drehknopf, auswechselbaren Mattscheiben und der Anzeige von Verlängerungsfaktor und Parallaxe im Sucher statt einer Skala. Die hier gezeigte Kamera ist eine Mamiya Flex Professional C330f, welche von 1972 bis 1982 hergestellt wurde. Diese hatte lediglich noch einen einzigen Nachfolger, die C330 „S“. Diese soll eine stabilere Außenschale und eine hellere Mattscheibe besitzen, aber wohl auch mehr Komponenten aus Plastik. Meine Entscheidung zur „f“ war deshalb bewusst.
Im Vergleich zur Rolleiflex ist die Mamiya C330f doch noch ein erhebliches Stück größer und damit weniger kompakter. Die Mamiya mit dem Lichtschacht wiegt etwa 500g mehr als eine Rolleiflex 2.8.
Das alte Logo der von Seiichi Mamiya und Tsunejirō Sugawara gegründeten Firma zeigt eine sich kreuzende konkave und konvexe Linse. Das Logo wurde 1940 von Studenten der Japan Art School entworfen. Bei den Buchstaben handelt es sich um die Initialen der Gründer und nicht um M(amiya) und S(ekor).
Worin ging Mamiya im Gegensatz zu anderen Herstellern neue Wege? Die Kameras haben Wechseloptiken, etwas das Rollei zwar verfolgt, aber dann nicht bis zur Serienreife entwickelt hat. Für die Mamiya stehen insgesamt sieben Wechseloptiken vom 55mm Weitwinkel bis hin zum 250mm Teleobjektiv zur Verfügung. Das macht die TLRs aus dem Hause Mamiya damit extrem vielseitig einsetzbar und äußerst attraktiv.
Jede wechselbare Platine mit Zwillingsobjektiv besitzt dabei auch seinen eigenen Zentralverschluss.
Der zweite große Unterschied ist der Balgen, der im Gegensatz zu den gängigen TLR Konstruktionen etwas antiquiert und auch verletzlich daherkommt. Aufgrund des größeren Auszug sind aber, unter Berücksichtigung des Verlängerungsfaktors der Belichtungszeit, auch Makroaufnahmen möglich.
Erstmal verwunderlich hat die TLR auf der technischen Höhe der Zeit keine aktive Korrektur der Parallaxe. Ein Manko, dass allerdings den Wechseloptiken geschuldet ist. Ein Zeiger im Sucher der C330f zeigt an, wie sich die Aufnahme abhängig von der Brennweite und Distanz verändert. Zunächst muss die entsprechende Brennweite vom Objektiv am seitlichen blauen Drehschalter ausgewählt werden. Alles was sich dann oberhalb des Zeigers befindet, wird nicht mehr auf dem Foto abgelichtet. Der Zeiger im Sucher, der über eine Skala der Werte 1,5 bis 3 wandert, zeigt auch den entsprechenden Verlängerungsfaktor an.
Bei den Weitwinkelobjektiven 55mm und 65mm gibt es allerdings eine Besonderheit. Hierfür gibt es eine transparente Einlagemaske mit einer angepassten Skala. Diese ist im Original nicht mehr so einfach erhältlich, eine Vorlage findet sich aber schnell im WWW und kann entsprechend selbst auf Folie ausgedruckt werden.
Auch für den Sportsucher gibt es entsprechende (ausdruckbare) Masken, um den Bildausschnitt passend zum Objektiv zu beschränken.
Über einen kleinen Hebel am Fokusknopf, kann dieser fixiert werden.
Auf der Kameraseite befindet sich auch eine Distanzskala, welche durch Drehung auf die entsprechende Brennweite verstellt werden kann.
Äußerst praktisch sind die beiden Auslöser, wie auch die Auslösesperre um eine versehentliche Belichtung zu vermeiden. Zur Not könnte auch direkt am Verschluss ausgelöst werden.
Über einen Drehknopf kann schnell zwischen Einzelaufnahme und Mehrfachbelichtungen umgeschaltet werden. Das kann tückisch sein, wenn man dies vergisst, da Verschluss gespannt, der Film aber nicht weiter transportiert wird.
Auswechselbare Mattscheiben, verschiedene Sucheraufsätze, Handgriffe und sonstiges Zubehör machen die Kamera aus dem Hause Mamiya zu einer richtigen System-TLR. Neben einem Prisma aus Glas, ist auch der hier gezeigte Prismenaufsatz mit und ohne CdS Belichtungsmessung erhältlich. Hier handelt es sich um kein Glasprisma, da das Sucherbild durch Spiegel umgelenkt wird. Das macht den Aufsatz zwar leichter, aber auch etwas dunkler.
Anbei ein paar Scans vom Testfilm.
Die Mamiya C330 ist eine sehr gelungene professionelle Kamera. Die Objektiven sind auch sehr gut, mit Ausnahme der 250mm, die nur wenig Kontrast zeigt, nicht sehr scharf ist und mit 6,3 auch nicht sehr schnell. Aber meine schönsten Fotos habe ich mit Mamiya geschossen.