Eine Kodak Retina, die keine „echte“ Retina sein durfte? Mit der Kodak Retinette hatte man in den Dr. Nagel Werken Stuttgart-Wangen bereits eine Low-Budget-Kamera zur Retina entwickelt. Allerdings geriet diese erste Retinette etwas anders und weniger der „retinaüblichen“ Handhabung und „retinaeigenen“ Erscheinungsbild. 1939 entwickelte man eine entsprechend abgesteckte Variante, aber eine „echte“ Retina I.
Das neue Modell war im Gegensatz zur ersten Retinette besser an die Produktionsabläufe der höherwertigen Linie angeglichen. Die Frontplatte bestand wie bei der ersten Retinette weiterhin aus geriffeltem Aluminium.
Es sind teils Kleinigkeiten wo gespart wurde, so ist der Öffnungsmechanismus der Kamera nicht lackiert.
Das Modell wurde in zwei verschiedenen Ausstattungen angeboten. Die Variante für 46 Reichsmark bot einen dreilinsigen Kodak Anastigmat 5cm f4.5 mit einem Gauthier Zentralverschluss mit lediglich vier Verschlusszeiten von 1/25, 1/50, 1/100, 1/125 und Bulb. Das besser ausgestattete Modell kostete 54 Reichsmark, hatte einen lichtstärkeres Objektiv von f3.5 und einen Compur Zentralverschluss mit Verschlusszeiten von bis zu 1/300.
Den gewohnten Hebel zur Fokussierung sucht man vergeblich, da direkt mit der Frontlinse fokussiert wird.
Durfte die abgesteckte Version tatsächlich eine Retina sein? Zunächst ja und so wurden bei den ersten Modellen noch „Retina“ ins hauchdünne Kunstleder eingeprägt. Interessanterweise stellte sich tatsächlich die Frage, ob die abgesteckte Version tatsächlich als „echte“ Retina betrachtet werden durfte. Schnell überwogen wohl Bedenken, ob die Sparvariante den guten Ruf der Retina negativ beeinträchtigen zu könnte. Daher erfolgte die Umbenennung zur Retinette (II).
Mit dem Krieg wurde Produktion der Retinette II bereits nach etwa 29.000 Exemplaren eingestellt. Als Schwesternmodell erschien das Modell in chrom als Retina I (167) in den Vereinigten Staaten.