Praktica L-Reihe eine DDR Erfolgsstory

Die Prakticas der L-Reihe sind SLR-Kameras der VEB Pentacon Dresden, welche ab 1967 erschienen sind. Eine Erfolgsgeschichte mit kleinen Kratzern.

Bei der VEB Pentacon Dresden handelt es sich um ein ehemaliges Kombinat aus Kamera- und Objektivherstellern der ehemaligen DDR. Neben der Erschwinglichkeit boten die Kameras teils bahnbrechende Neuerungen, wurden aber wie andere deutsche Kamerahersteller nach und nach technisch verdrängt. Dabei führte Pentacon durchaus neue Standards beispielsweise im Bereich der Belichtungsmessung oder der Galvanisierung von Kunststoffen ein. Mit der Wende kam dann das endgültige Aus von Pentacon. In vier Generationen wurden etwa 8,5 Millionen Kameras der L-Serie gebaut, welche auch nach Jahrzehnten in der Regel erstaunlich zuverlässig funktionieren. Die Prakticas sind die Nachfolger der „Praktiflex“. Das „L“ der Serie steht dabei für den äußerst robusten und zuverlässigen Lamellenverschluss aus Stahl, welcher den bisherigen Gummituchverschluss ablöste. Dieser Verschluss ist ein Scherenhebelverschluss mit drei übereinanderliegenden dünnen Stahllamellen und entsprechend robust und zuverlässig.

Mit der Praktica PL wurde bereits zuvor das Pentacon Loading System eingeführt und bei der Praktica L-Serie fortgesetzt. Dabei handelt es sich um eine Filmeinlegeautomatik, welche das einlegen des Films erleichtert und dabei das Filmmaterial besser nutzt. So können mit einem Kleinbildfilm 37 bis 38 Aufnahmen, beim einlegen des Films in der Dunkelkammer bis zu 40 Aufnahmen gemacht werden. Die Filmzunge wird dabei bis zur „grünen Marke“ und unter das „Halteböckchen“ gezogen. Die Perforation muss in der „Zähne der Filmtransportrolle“ richtig einrasten und wird dann von den „Fangbügeln“ gegriffen.

Die Prakticas der ersten drei Generationen verwenden das noch heute sehr beliebte M42 Bajonett, welches erst in der letzten Generation durch den selbst entwickelten B-Anschluss ersetzt wurde. Die Praktica war ein Aushängeschild der in der ehemaligen DDR produzierten Erzeugnisse und damit auch ein devisenbringendes Exportprodukt. Für den Export wurden die Kameras teilweise entsprechend umgelabelt. Für den deutschen Westmarkt produzierte Modelle stammen in der Regel von Foto Quelle oder Photo Porst. Wie andere Firmen leider auch, hat Pentacon bestimmte Kamerateile von politisch inhaftierten Gefangenen im Gefängnis fertigen lassen. Die Produkte entstanden somit teilweise in Zwangsarbeit. Die Praktica L-Serie ist damit ein Stück deutsche Kameraerfolgsgeschichte, aber auch mit zwei unterschiedlichen Gesichtern. Die Praktica ist ein Kameramodell mit persönlichen Erinnerungen. So fotografierte bereits mein Großvater mit einer Praktica. Mein älterer Bruder bekam von diesem eine TL 1000 geschenkt, ich selbst noch zu jung begnügte mich voller Faszination für die Praktica mit einer einfachen Sucherkamera. Die rein mechanischen Kameras funktionieren ohne Batterie, welche nur zur Belichtungsmessung benötigt wird.

Die wenige vorhandene Elektronik stammt wie man anhand der geätzten und handgelöteten Platinen und konkreten Bauteilen sieht noch sehr aus der „Pre-Mikrochip-Ära“. Ein gewisser Vorteil, da defekte Elektronik und korrodierte Leiterbahnen einfach repariert werden kann und defekte Bauteile getauscht werden können.

Die Preise liegen 2021 moderat zwischen 20-50 Euro für Body und Objektiv. Dafür erhält man in der Regel einen ungetesteten Body aus einem Nachlass, ohne Batterie und mit einer Festbrennweite von Zeiss, Meyer-Görlitz oder dem Kombinat Pentacon. Mit dabei ist meist die entsprechende passende schwarze Kameratasche. Auch wenn der interne Belichtungsmesser nach Jahrzehnten nicht mehr genau oder nicht funktioniert, kann dieser meist durch reinigen der Kontakte wieder repariert werden. In der Praxis kann aber auf diesen ebenso gut verzichtet werden. Die Objektive haben manchmal nach jahrzehntedauerndem Nichtgebrauch eine etwas lahmende Blende. Meist liegt dies nicht an einer verölten Blende, sondern am Hebel des Blendenstiftes mit zugehöriger Feder.

Die L-Reihe verwendete standardisierte Bauteile, weshalb sich die verschiedenen Modelle äußerlich stark ähneln und manchmal nur in Details unterscheiden. Erst mit der B-Serie wandelte sich neben den Bajonett auch das typische Aussehen. Die jeweiligen Kameraeigenschaften können anhand der Buchstabenfolgen gelesen werden.

L2 = Lamellenverschluss (L)

LB = Lamellenverschluss (L) mit Belichtungsmessung (B)

TL 1000 = Through Lens Innenbelichtungsmessung mit Abblendtaste (TL), Lamellenverschluss (L) mit der kürzesten Verschlusszeit von 1/1000.

VLC = Variables Suchersystem (V), Lamellenverschluss (L) mit Innenbelichtungsmessung bei offener Blende (C) mit elektrischer Blendenwertübertragung. Die VLCs waren nebenbei mehr das Spitzenmodell innerhalb der L-Serie und wurden entsprechend in kleinerer Auflage produziert. Neben Offenblendmessung bot die Kamera ein variables Suchersystem. Nachfolgend gezeigt eine Praktica VLC2 mit neuer Belederung und Lichtschachtsucher aus den Jahren 1976-1978.

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