Kleiner Beitrag zum Hashtag #fotomov_sdcc_2021 initiiert von fotomov alias Axel Scherer, Fotograf und Blogger aus dem Ruhrgebiet. Die Beiträge können unter dem oben genannten Hashtag bei Instagram abgerufen werden. Dabei geht es nicht darum „gute“ Fotos zu machen, sondern digitale Technik von einst an Ihre Leistungsgrenzen zu bringen und heutige Schwächen der Kameras vielleicht gestalterisch kreativ zu nutzen. Darum heute statt „Altmetall“ eher mal „Altplastik“. Was auf den ersten Blick einem Neutralisator aus dem Film „Men in Black“ ähnelt, ist ein kleiner „Bestseller“ aus Taiwan. Anstatt eines Lichtblitzes, den ich nicht ernsthaft erwartet hatte um Erinnerungen meiner Mitmenschen zu löschen, gibt das Gerät nur ein schlichtes dumpfes „BEEP!“ von sich – es handelt sich dabei um den PenCam „Trio“ von AIPTEK. Ein Produkt aus den Anfängen der digitalen Fotografie.
Der PenCam erschien um die Jahrtausendwende und wurde rund 2,5 Millionen Mal über verschiedene Anbieter verkauft. Hersteller ist AIPTEK, ein taiwanischer Hersteller von allerlei Computerperipherie. Damals groß beworben, zeigt sich die Ausstattung mehr als 20 Jahre später entsprechend nüchtern und mager. Die PenCam verfügt über einen internen, nicht wechselbaren oder erweiterbaren Speicher von 2 MB. Der CMOS-Sensor liefert eine Bildauflösung von 352 x 288 Pixel in „hoher“ beziehungsweise 176 x 144 Pixel in „niedriger“ Auflösung. Nicht gerade viel! Die Auflösung erscheint heutzutage so gering, dass ein großformatiger Abzug sicher an digitalen Pointillismus oder entfernt an die ungegenständlichen Farbfeldmalereien eines Gerhard Richter erinnern dürfte. Vielleicht halte ich hier ungeahnt das perfekte Werkzeug für PixelArt in den Händen. Das ist nicht sehr weit hergeholt, denn dabei werde ich unter anderem an den französischen Streetartkünstler „Invader“ erinnert, welcher bewusst Pixel wieder in eine analoge Form transformiert.
Das Display teilt mir mit, dass 20 Fotos in „HQ“ und 80 Fotos in „LQ“ auf den Speicher von 2MB passen. Der einfache Sucher liefert einen leicht verzerrten fisheyeartigen Durchblick auf die Welt. Die unbeleuchtete Flüssigkeitsanzeige, welches lediglich kryptische Abkürzungen wie „HQ“ oder „CL“ anzeigt, hat nach mehr als zwei Jahrzehnten rundherum bereits einen nicht vertrauenserweckenden schwarzen Saum. Die Kamera benötigt 2 AAA Batterien und wurde damals mit einer Halterung zur Verwendung als Webcam und einem USB-Kabel geliefert. Als „Immer-Dabei-Kamera“ hat die Kamera zwei Clips zur Befestigung.
Ein Knopf dient als Auslöser, der andere Zwecken der Menüführung. Die Einfachheit errinnert mich entfernt an ein Werbeversprechen von Kodak Eastman seiner Brownie „Sie drücken den Knopf, wir machen den Rest“. Die günstige Brownie machte seinerzeit Fotografie aus einer elitären Nische zu einem Massenmedium. Sicher war auch die PenCam in vielen Haushalten die erste ihrer Art, um später durch bessere Nachfolger ersetzt zu werden. Die PenCam selbst hatte später noch weitere und besser ausgestattete Nachfolger wie den PenCam Plus oder den PenCam HD. Dem PenCam folgte meist der Kauf von Digitalkameras, welche bereits 1 Megapixel oder mehr versprachen und deren Batterien meist innerhalb weniger Minuten leergesaugt wurde. Sonstige Einstellungen bietet die PenCam nicht, verweigert aber mit noch einem dunkleren „BEEP“ die Aufnahme, wenn die Umgebung zu dunkel ist. Insgesamt werden Fotos in der Dämmerung deutlich streifiger und das Bildrauschen nimmt zu. Das Livebild ist nach heutigen Maßstäben gefühlt so verrauscht, als befände man sich einige tausend Kilometer entfernt auf einer Expedition.
Das Herunterladen der Bilder gestaltet sich zunächst etwas schwierig, da die Original-CD mit Software und Treiber längst verschollen sind und das „Unbekannte Gerät“ nicht mehr automatisch als externes Laufwerk erkannt wird. Das Internet vergisst bekanntlich nie, so stellt mir die Recherche schnell einen vergessenen kostenlosen Downloadlink in mir fremder Sprache zur Verfügung. Das entpackte Programm scheint mit meiner jüngeren Betriebssystem schon lange nicht mehr kompatibel zu sein. Nach einer weiteren halben Stunde bekomme ich es aber über Umwege zum laufen. Über die Bildqualität, Auflösung oder das Rauschen des PenCam „Trio“ darf sich jeder seine eigene Meinung bilden. Natürlich muss die Technik im aktuellen Kontext um die Jahrtausendwende gesehen werden und kann nicht mit Maßstäben von heute bemessen werden. Aufgrund der großen Auflage und des Preises darf man sicher behaupten, dass der PenCam der Digitalfotografie einer gewissen Verbreitung verholfen hat, so habe ich diese auch bereits in einem Museum für digitale Fotografie entdeckt. Ein Rückblick kann auch ein Blick nach Vorne sein, denn in 20 Jahren werden aktuelle Kameramodelle ebenso anders bewertet werden und so zeigen „historische Digitalkameras“ wie die PenCam auch, wie sich digitale Fotografie rasant entwickelt hat. Zum technischen Wandel lässt sich auch feststellen, dass Digitalkameras ab etwa 6 Megapixel für Abzüge in normaler Größe brauchbar wurden. Aber auch dies ist eine Anzahl die uns aus heutiger Sicht und im Zeitalter der Megapixel ebenso verschwindend gering erscheint. Damit verschwindet der PenCam vorerst wieder in der Schublade vielleicht zum nächsten #fotomov_sdcc_2041?
Im Vergleich immer der ähnliche Bildausschnitt aufgenommen mit dem PenCam in niedriger Auflösung und einem iPhone aus der heutigen Zeit.