Eine Kodak Retina 117 aus den 1930er Jahren ist fertig restauriert und für einen Filmtest nach Jahrzehnten bereit. Zeit sich der beiliegenden Kameratasche zuzuwenden. Die Nähte sind glücklicherweise noch völlig intakt, ein ganz anderes Kapitel, welchem ich mich hier früher oder später widmen werde.
Auch Gelegenheit um mit ein paar Hausmitteln und DIY Tipps aus dem Bereich Lederpflege Erfahrungen zu machen. Natürlich wird mich jeder, der mit Leder professionell arbeitet, eines Besseren belehren können. Bei einer fachgerechten Restauration wird das Leder erst angeschliffen, bearbeitet, neu eingefärbt und versiegelt. Dafür handelt es sich „hier“ auch lediglich um ein Do-It-Yourself Projekt. Es sollen bei mir einerseits nur Hausmittel und keine Chemie zum Einsatz kommen. Der Gurt ist teilweise an einer Stelle leicht eingerissen und wird daher samt den Nieten gleich entfernt.
Zur Reinigung des Leders verwende ich eine Mischung aus hellem Essig und lauwarmen destilliertem Wasser. Dabei sollte man laut Haushalttipp Essigessenz meiden, wenn diese nur entsprechend verdünnt, aber auf jeden Fall nicht pur verwenden. Kalkflecken möchte ich beim trocknen vermeiden und verwende daher destilliertes Wasser. Statt Aceto verwende ich hellen Essig, denn ich möchte das Leder nur reinigen und nicht gleich einfärben. Die Prozedur mit Essig soll Flecken entfernen und beispielsweise Schimmel abtöten. Im Anschluss wische ich alles mit lauwarmen destillierten Wasser ab und lasse das Leder langsam und nicht auf dem Heizkörper trocknen.
Da nur der untere Teil des Trägers eingerissen ist, muss der Gurt lediglich um wenige Zentimeter gekürzt werden und erhält ein Bad in der Essigwasserlösung.
Das Leder ist doch ein paar Jahrzehnte alt und bedarfnicht nur einer Reinigung, sondern auch einer rückfettenden Pflege. Dadurch bleibt das Leder geschmeidig und es bilden sich keine Risse. Rückfettung ist dabei keine Imprägnierung und bietet keinen Schutz vor Nässe und oder neuen Flecken. Ich lasse mich daher auf den nächsten Haushaltstipp ein und verwende Kokosöl. Das ist bei Zimmertemperatur zwar fest, wird aber beim vorsichtigen einreiben mit einem Baumwolltuch flüssig und zieht sofort ins Leder ein. Distelöl oder eine Kombination aus beiden Ölen soll ebenfalls sehr empfehlenswert sein. Natürlich wird dazu geraten, dies erst an einer unauffälligen, nicht sichtbaren Stelle zu testen, um eventuelle ungewollte Farbveränderungen abschätzen zu können.
Nachdem das Kokosöl etwa 15 Minuten eingezogen ist, wiederhole ich den Vorgang. Nach weiteren 15 Minuten poliere ich das Leder mit einem Baumwolltuch.
Da auch das Samtinnenfutter über die Jahre gelitten hat wird es entfernt. Die Stoffe dienen gleichzeitig als spätere Schnittmuster. Leider muss ich feststellen das der Stoffladen nur schwarzen und roten Samt führt. Kurzerhand bestelle ich mir einen Minikissenbezug, welchen es aus Samt in allen Farben für unter drei Euro gibt. Die Lieferung darf ich laut Bestellbestätigung 1-2 Tage später erwarten und daher hat alles Zeit zum trocken. Das Schnittmuster übertrage ich auf der Rückseite mit Kugelschreiber.
Eigentlich versuche ich die Dinge soweit es geht „original“ zu belassen. Es verwunderte mich bereits von Anfang an, dass im Gegensatz zur Kamera, die Tasche nicht ganz so durchdacht erschien. Es gab keine Fixierungsmöglichkeit mittels Rändelschraube am Stativgewinde. Die Tiefenschärfetabelle war nicht mehr sichtbar. Die eher materialuntypische Messingleiste verhinderte zwar ein herauskippen der Kamera, allerdings konnte diese damit eher schlecht geöffnet und geschlossen werden und drohte die Kamera zu verkratzen.
Nach Bildvergleichen kam ich zu dem Schluss, dass es sich bei der Kameratasche ohne Prägung zwar Kodak Retina Kameratasche handelte, aber für ein späteres Modell. Vor Jahrzehnten muss sich also ein Vorbesitzer Gedanken gemacht haben, wie er diese anpassen kann. Anlass genug, an diesem Punkt die Kameratasche komplett umzubauen und an meine heutigen Bedürfnisse anzupassen. Dazu gehört, dass das Oberteil der Tasche abgenommen werden kann und ich den unteren Teil der Tasche als Halfcase nutze.
Statt der ursprünglich geplanten Reinigung und Pflege ist es Halfcase mit abnehmbarem Oberteil, abnehmbaren Kameragurt und Fixierung der Kamera mittels Rändelschraube am Stativgewinde geworden.
Hallo Rainer, sehr informativer Bericht über die Restaurierung der Kamera Tasche. Kannst du noch etwas zur Befestigung des Gutes schreiben? Habe gesehen das es Druckknöpfe sind. Hält das in der Praxis und wo kann man sie kaufen.