Kodak Retina I (117) – die 135iger

Dr. August Nagel war kein Unbekannter unter den großen deutschen Kameraherstellern, denn er schrieb bereits mit seiner Vorgängerfirma Contessa-Nettel mit Kameramodellen wie der Contessa und Pupille Kamerageschichte. Unter den Folgen der Wirtschaftskrise fusionierte er mit seiner Firma zur Zeiss Ikon AG. Dresden verließ er allerdings nach Unstimmigkeiten schnell wieder, um in Stuttgart-Wangen erneut eine Kamerafabrik zu gründen. Nagel verhandelt mit KODAK, welche 1931 das Unternehmen übernimmt. August Nagel bleibt Manager und damit Herr über seine Firma, verfügt aber nun über entsprechende Mittel und weitere Möglichkeiten. Mit dem amerikanischen Chemieriesen KODAK als Partner, erfindet er nicht die Kleinbildfotografie, verhilft dieser aber wesentlich zum Durchbruch. Er entwickelt nicht nur eine Kamera für das Volk, sondern auch die Tageslichtpatrone, welche wir heute als 135er Kleinbildpatrone kennen. Diese muss nun nicht mehr selbst gefüllt werden und macht auch den Filmwechsel bei Tageslicht komfortabel und einfach als in der Dunkelkammer. Als Volkskamera ist die Kodak Retina im Gegensatz zu Leica oder Contax mit einem Einführungspreis von 75 Reichsmark für eine breitere Masse erschwinglich. Der starke Partner KODAK verdient sein Geld weniger mit den Kameras selbst, sondern mit der ganzen Laborkette und den dazu notwendigen Verbrauchsmaterialien.

Das Modell 117 erscheint im Jahr 1934-35 als erste Retina der Modellreihe in einer Auflage von etwa 30.000 Stück. Die Sucherkamera ist mit einem 50mm f3.5 Xenar von Schneider-Kreuznach, einem Vierlinser nach dem Tessar-Typ, ausgestattet. Der Compur-Zentralverschluss bietet Verschlusszeiten von Bulb, 1 Sekunde bis zu 1/300.

Der scheinbare Auslöser entpuppt sich schnell als Freigabeknopf um den Film weiter transportieren zu können und um einen Drehknopf zum einstellen des Bildzählers. Auch muss der Filmtransportknopf auf „A“ Aufnahme oder „R“ Rewind richtig gestellt werden.

Auf der Unterseite findet sich neben dem Stativgewinde eine kreisrunde Tiefenschärfetabelle und der Knopf zum öffnen der kleinen Klappkamera.

Zusammengeklappt ist die Kamera äußerst kompakt und neben den geringen Gewicht auch noch äußerst zuverlässig.

Sicherlich ein wesentlicher Grund, weshalb der direkte Nachfolger der ersten Retina, die 118er, mit auf der Reise war, um die Erstbesteigung des Mount Everest zu dokumentieren. Auch ein Zeichen für die Einfachheit und Robustheit der Retinas, welche selbst unter den schwierigsten Umwelteinflüssen funktionieren.

Den ersten Retinas sollten noch einige Modelle folgen, an dessen Ende nicht nur einfache Sucherkameras, sondern auch Meßsucherkameras wie die II / III „little“ c oder II / III „big“ C stehen. Diese werden bereits in einem weiteren Artikel dieser Website vorgestellt.

Weitere Fotos mit der Kamera werden an dieser Stelle sicher folgen.

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4 Replies to “Kodak Retina I (117) – die 135iger”

  1. Sehr schöner Bericht über die Retina 117. Mir ist aufgefallen, daß die zwei Kameras unterschiedliche Sucher haben. Bei einer Kamera ist das eher eckige Design, wie ich es auch an meinen 117 finde. Bei der anderen ist es der Sucher der mit 2 Schrauben befestigt ist und leicht abgerundete Kanten hat. Diesen Typ des Sucher habe ich in meiner Sammlung erst ab 118. Interessiert mich, da ich eine frühe 117 gekauft habe, bei der der Sucher unvollständig (hintere Okular fehlt) und beschädigt (hat oben viele Löcher) ist
    Die Ledertasche, wo die 117 nur eingeschoben wird ist wunderschön. Habe jetzt auch eine von dieser Sorte, innen mit blauem Samt. Leider fehlt der Riemen mit der Schnalle. Würde gerne wissen wie lang er sein muß, da ich ihn ergänzen will. Interessant wären auch die Seriennummern der 117.
    Für die 117 und 118 gab es als Zubehör einen Leitz Fokos Belichtungsmesser. Dieser wurde laut Kemmler in der Schweiz und in Frankreich angeboten. Durch Zufall konnte ich einen finden und kaufen. Wenn Interesse an Fotos besteht kann ich die beisteuern.

    1. Stimmt, auf den Fotos sind teils zwei unterschiedliche 117er. Ich mache Detailfotos vom Sucher + Seriennummern und schicke diese per Mail. Die Retina Ledertasche kam mit der 117er bei mir an, aber irgend etwas passte nicht und mir fiel dann auf, dass diese wohl von einer späteren Retina stammen musste und bereits „angepasst“ wurde. Das heißt, ich habe diese dann „passend gemacht“.Gruß aus Richtung Bodensee Rainer

  2. Danke Rainer, bei mir paßt die Ledertasche perfekt zur 117 sieht auch gleich aus wie die auf den ersten Fotos. Freue mich auf deine Nachricht. Gruß aus dem
    Frankenland

    1. Die erste Tasche ist das Original für die 117, nur die abgebildete „Halbtasche“ stammt ursprünglich von einer späteren Retina. Diese wurde damals wohl „angepasst“, passte aber auch nicht wirklich und ohnehin nicht mehr „original“, habe ich diese erneut etwas für meine Zwecke umgebaut. Bilder erreichen Dich in Kürze. Gruß Rainer

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