1965 erscheint das erste Modell der „Nikkormat“, in Japan allerdings als „Nikomat“. Diese soll eine erschwinglichere Alternative mit F-Bajonett zum Profimodell Nikon „F“ und damit die Lücke zum ambitionierten Fotografen schließen. Die Nikon „F“ kenne ich, hält die Nikkormat ihr Versprechen?
Den ersten Anlauf für diese Nische bildete bereits die in Kooperation mit Mamiya entstandene Nikkorex. Deren Objektive waren allerdings teils fest verbaut, erst die Nikkorex „F“ besaß dann das F-Wechselbajonett.
Die Kamera unterscheidet sich vom Spitzenmodell „F“ äußerlich, aber auch innerlich. Als völlig neu konzipierte Kamera und für höhere Produktionszahlen ausgelegt, kam dennoch eine robuste und auch heute noch unterbewertete vollmechanische Kamera mit Anspruch heraus. Allerdings mit dem Blick auf das Wesentliche und dem Verzicht auf die Profiausstattung der Nikon „F“.
Die Nikkormat bietet beispielsweise keinen Wechselsucher, besitzt keinen Anschluss für einen Winder, hat keine austauschbaren Mattscheiben und einen Copal-Verschluss mit Aluminiumlamellen. Ein reines „Sparmodell“ einer Nikon „F“ ist die äußerst robuste Spiegelreflexkamera der 60er allerdings nicht. Die durchaus stabile, unempfindliche und zuverlässige Modellreihe hat auch praktische Verbesserungen erfahren. Hierzu zählt beispielsweise die nicht abnehmbare mit Scharnieren verbundene Rückwand, eine schnellere Blitzsynchronisierung oder die mittenbetonte TTL-Offenblendenmessung („Through the Lens“).
„Nikon“ findet sich lediglich auf der Rückseite eingraviert. Erst mit mit dem Nachfolger der „FM“ sollte auch Nikon auf dem Prisma stehen. Auch bei anderen Kameraherstellern waren ähnliche Anhänge bei den unterschiedlichen Modellen wie YashicaMAT, YashicaFLEX gebräuchlich.
Die Kamera erfuhr im Laufe der Jahre immer wieder kleinere Verbesserungen, diese unterscheiden sich allerdings in mehr oder weniger wichtigen Details. Die Grundkonstruktion vom Nikkormat blieb unterdessen weitgehend unverändert. Insgesamt erschien die Nikkormat damit in acht Varianten. 1972 wurden die rein mechanischen Kameras um eine elektronisch gesteuerte EL Modellreihe ergänzt.
- Nikkormat FS – ohne Belichtungsmesser, Non-AI
- Nikkormat FT – mit Belichtungsmesser, Non-AI, 1,35V
- Nikkormat FTN – Non-AI, 1,35V
- Nikkormat FT2 – Non-AI, 1,5V, ab jetzt fester Hot-Shoe
- Nikkormat FT3 – AI
- Nikkormat EL – elektronisch gesteuerter Verschluss
- Nikkormat ELW – Variante zum Anschluss von einem Winder
- Nikkormat EL2 – AI
Hier gezeigt, eine Nikon FTN in „profischwarz“ statt „verchromt“, welche ab 1967 erschien und bis 1975 gebaut wurde. Das Modell FTN ist sehr einfach an dem eingravierten „N“ über der Anzeige des Belichtungsmessers zu erkennen. Die Ergebnisse der Belichtungsmessung werden nicht nur im Sucher, sondern werden auch praktischerweise auf der Oberseite neben der Rückspulkurbel angezeigt. Der Belichtungsmesser wird durch leichtes ausschwenken des Transporthebels eingeschaltet, sollte entsprechend bei Nichtgebrauch auch wieder gleichermaßen ausgeschaltet werden.
Spätere Modelle bekamen beim Schnellspannhebel und Hebel vom Vorlaufwerk eine Abdeckung aus Kunststoff, die sogenannte „Apollo“-Abdeckung. Eine urbane Legende oder doch ein Stückchen Wahrheit, so soll der Aufzugshebel für eine bessere Bedienbarkeit im All umgestaltet worden sein. Damit habe ich kein „Apollo“-FTN-Modell, ein Ausflug ins All ist aber derzeit meinerseits nicht geplant. Eine bessere Bedienung mit Handschuhen halte ich aber für durchaus möglich. Die vollmechanische Kamera aus den 60er Jahren und der robusten Bauweise mit Charme eines Panzers funktioniert generell ohne Batterie. Diese wird lediglich für den Belichtungsmesser benötigt. Die FTN und ihre Vorgänger waren noch für Quecksilberbatterie mit konstanter Spannung von 1,35 Volt konzipiert. Mit der FT2 erfolgte der Umstieg auf 1,5 Volt.
Der aufgeräumte Sucher ist ausreichend groß und hell, zeigt dabei etwa nur 92% vom Sichtfeld. Bei der FTN zeigt eine einfache Klammer eine Überbelichtung (+) oder Unterbelichtung (-) an. Unten wird die aktuell gewählte Verschlusszeit, sowie links und rechts die anschließenden eingespiegelt. Die Mattscheibe ist im Gegensatz zur „F“ als Systemkameras nicht wechselbar. Die Nikkormat wurde daher nach Wunsch entweder mit einer Mattscheibe mit Mikroprismenring (J) oder mit Schnittbildindikator (A) ausgeliefert. Späte Modelle meiner FTN, erkennbar an den Plastikteilen an Aufzug und Vorlaufwerk, haben eine K-Mattscheibe, eine Kombination aus Schnittbild- und Mikroprismen.
Die Nikkormat FTN ist im Gegensatz zur späteren FT3 noch für Non-AI Objekive gebaut, dass heißt, benötigt also zwingend die bekannten Nikon-Hasenohren zur Blendenübertragung. Falsch bedient ist das Ansetzen des Objektivs mit Blendengabel tatsächlich etwas „fummelig“, ungewohnt und kann zu Beschädigungen führen. Was nicht selten negativ bemängelt wird, gelingt aber eigentlich wunderbar und zerstörungsfrei. Das Objektiv muss lediglich auf Blende 5.6 eingestellt werden und lässt sich dann ganz einfach ansetzen.
Der Blendenring muss dann noch über die typische „Ritsch-Ratsch“ Bewegung und dem dabei entstehenden typischen Geräusch nach rechts und links verstellt werden, um der Kamera mechanisch die größte und kleinste Blende mitzuteilen.
Dabei geht es um die Anzahl der Klicks ausgehend von der Blende 5.6. Ein roter Indikator an der Seite zeigt die korrekte Kopplung von Body und Objektiv an.
Ungewöhnlich die Anordnung vom Zeitenwahlring, welcher sich nicht auf der Oberseite, sondern als Ring um das Bajonett herum befindet und damit nicht nur entfernt an die spätere Olympus OM-1 erinnert.
Auch die Einstellung der Filmempfindlichkeit muss man erst finden, denn diese befindet sich auf der Unterseite und ist mit einem kleinen Schieber zu verstellen.
Der sehr große Bildzähler ähnelt einem Bullauge. Die Nikkormat hat damit schon sein eigenes ikonisches Design, dass sich von den späteren Nikons noch unterscheidet.
Zusammenfassend zur Nikkormat FTN – „positiv überrascht und empfehlenswert“. Eine schwere und robuste Kamera der 60er ohne Plastikbody. Im Gegensatz zur nachfolgenden FM, kann die Nikkormat ein kleiner Geheimtipp sein, da die Non-AI Objektive meist noch etwas günstiger gehandelt werden. Aber es sind auch Details, denn im Gegensatz zur ebenfalls sehr überzeugenden FM hat der Nikkormat die Möglichkeit der Spiegelvorauslösung. Mit freundlichen Grüßen in Richtung Laupheim. Der frühere Besitzer hat seine Ausrüstung mehr als pfleglich und wertschätzend behandelt, so dass diese auch noch nach Jahrzehnten ohne Einschränkung fantastisch funktioniert. Die Kamera kommt und bleibt bei mir in wertschätzende Hände. Dank auch an Peter für den Tipp, mir die Nikkormat näher anzuschauen.
Toller Artikel. Da hätte sich „Jürgen“ gefreut. Liebe Grüße aus Laupheim zurück
Ein absoluter Klassiker und eine legendäre Kamera. Vielen Dank für den Beitrag, macht „leider“ wieder Lust auf analoge Fotografie.