Während der amerikanischen Luftangriffe werden die Werke von Zeiss Ikon beschädigt. Die Geschichte der Contax, dem „Leica-Killer“ aus dem Hause Zeiss Ikon scheint damit eigentlich beendet. Deutsche Technologie ist anderen Ländern aber teils Jahre voraus und daher unter den Siegermächten hoch gefragt. So beginnt in vielen Bereichen ein Wettrennen sich dieses Wissen und Know-how zu sichern, bevor die Grenzen der Besatzungsmächte festgelegt sind. Danach geht die ursprüngliche Contax II / III in der Nachkriegszeit zwei ganz unterschiedliche und auch neue Wege. Diese führen einerseits nach Süddeutschland und andererseits nach Kiev. Die Geschichte der sowjetischen Contax werde ich in Teil 2 weiter verfolgen.
In der sowjetischen Besatzungszone bleibt in Jena eine Produktionsstätte samt Maschinen und Bauteilen intakt. Diese wird kurz nach Abzug der Alliierten als Teil der Reparationsleistung von sowjetischen Soldaten wohl weder sachkundig abgebaut, noch zerstörungsfrei und verlustfrei transportiert. Eine nahtlose Produktionsaufnahme war im Werk von Arsenal damit nicht wie geplant möglich. Zur Erfüllung von Reparationsforderungen mussten Werkzeuge und Maschinen in „einfacherer Form“ neu hergestellt werden. Teilweise wurden anfangs noch Originalteile verbaut, so dass man die Kiev nicht einfach als sowjetische Kopie bezeichnen kann. Ab 1947 lief dann die Kiev II, wenig später in größerer Stückzahl als Kiev-4 und Kiev-4A vom Band. Die Produktion wurde erst 1987 nach der 4AM und 4M eingestellt. Wie der Body selbst, wurden auch die dazugehörigen Objektive als Jupiterserie nachgebaut. Die Amerikaner verfolgten hingegen eine andere Strategie. Sie erkennen, dass sie die Werke nicht einfach abbauen und mitnehmen können. Sie entscheiden sich für eine andere Strategie um sich Technologie und Know-how zu sichern. Mit „Take the Brain“ verfrachten diese führende Mitarbeiter, aber auch Konstruktionspläne und Material der Zeiss Ikon AG kurzerhand nach Westdeutschland. Ebenso ergeht es den führenden Köpfen des Glasherstellers Schott, welche im „Zug der 41 Glasmacher“ zunächst auch ins süddeutsche Heidenheim kommen. In den intakten Zweigwerken von Zeiss Ikon in Süddeutschland, ehemals Contessa-Nettel, soll die Contax II / III unter der Leitung von Hubert Nerwin rekonstruiert und verbessert werden. In Oberkochen entsteht der neue Zeiss Standort. Zeiss bleibt ebenso wie das Land selbst jahrzehntelang in Ost und West geteilt, wobei beide Seiten um ihre Rechte kämpfen.
Trotz aller Probleme in der Nachkriegszeit kommt 1948-61 die äußerlich sehr ähnliche, technisch aber völlig überarbeitete und kleinere Contax IIa „die Ausgereifte“ auf den Markt. 1951-62 folgt dieser dann die Contax IIIa mit integriertem Belichtungsmesser.
Der Nachfolger hat durch die Neukonstruktion einige Verbesserungen erfahren. Hierzu gehört beispielsweise ein Verschluss aus geschwärzten Aluminiumlamellen.
Das Bajonett wurde übernommen, so dass alle Objektive an den neuen Body passen. Einzige Ausnahme bildet das Weitwinkel Biogon 3,5cm f2.8, welches neu konstruiert wurde. Durch Objektive aus Vorkriegszeiten, der Produktion in West und Ost stehen teils unterschiedliche Versionen desselben Objektivs zur Verfügung. Diese lassen sich aufgrund der Rechtstreitigkeiten in der Namensgebung entsprechend gut in Carl Zeiss Jena, Opton-Zeiss oder Carl Zeiss unterscheiden.
Besonders bekannt ist das Ultraweitwinkelobjektiv Biogon 21mm f4.5, welches damals völlig neue Maßstäbe in der Fotografie setzt.
Blitzfotografie und deren Synchronisation waren zur damaliger Zeit ein großes Thema. Die Contax benötigte noch unterschiedliche Adapterkabel.
Die Post-War-Contax „Color Dial“ statt „Black Dial“ ist die letzte Entwicklungsstufe der Contax mit Synchronisationszeiten von „Gelb“ 1/50 für electronic flash und „Rot“ 1/100-1/250 für flash bulbs. Die hier unter anderem gezeigte Contax IIa „Color Dial“ wurde dabei lediglich in einer Stückzahl von etwa 3000 Exemplaren gefertigt.
Das System der Seriennummern von Zeiss Ikon wurde noch von der ICA übernommen. Diese besteht aus einem Buchstaben und einer fünfstelligen Seriennummer. Bei der frühen Contax I sind teils auch zwei Buchstaben finden. Dabei handelt es sich um einen Hinweis, dass diese Kamera bereits einmal repariert wurde.
Contax I | Contax II / III | Contax IIa | Contax IIIa |
T 1931-32 | Z 1935-36 | P 1949-50 | T 1951-52 |
U 1932-33 | A 1936 | S 1950-51 | V 1952 |
V 1933-34 | B 1936 | T 1951 | Y 1952-53 |
X 1934 | C 1936-37 | U 1952 | A 1953 |
Y 1934-35 | D 1937 | V 1952 | B 1953-54 |
Z 1935-36 | E 1937 | X 1952 | C 1954-55 |
A 1936 | F 1937-38 | Y 1952-53 | D 1955-56 |
G 1938 | A 1953-54 | F 1956 | |
J 1938-39 | B 1954-55 | L 1956-61 | |
K 1939 | F 1955-56 | O 1956-57 | |
L 1939 | Q 1956-57 | Q 1960 | |
M 1940-41 | R 1956-58 | R 1961-62 | |
N 1941-42 | L 1958-61 | ||
O 1943 |
Die Contax IIa / IIIa aus dem Hause Zeiss Ikon gehörte auch in der Nachkriegszeit zu den besten Kameras ihrer Zeit. Kamera und Objektive waren Spitzenprodukte und etwas teurer als das Konkurrenzmodell Leica. Die neue IIa (IIIa) kostet seinerzeit mit Tessar 705 DM (815 DM), mit Sonnar 2/50 946 DM (1056 DM) und mit Sonnar 1.5/50 1025 DM (1135 DM).
Im Gegensatz zur Leica wurde Contax nicht mehr weiterentwickelt. Die Stunde der Spiegelreflexkameras und der Hersteller aus Fernost hatte geschlagen. In Ostdeutschland setzte man daher schon gar nicht mehr auf ein Konkurrenzmodell, sondern überraschte gleich mit einer Spiegelreflexkamera, der Contax S. Jahre später wurde mittels Kooperationen nach Fernost mit Yashica und Kyocera versucht den Namen Contax als SLR und Meßsucher wieder zu beleben.
Ein sehr empfehlenswertes Literatur- und Nachschlagewerk um die Contaxe der Nachkriegszeit ist das Buch „Auf den Spuren der Contax – Band II“ von Hans-Jürgen Kuc oder auch das „Das Contax Buch“ von Dr. Otto Croy. Insgesamt ist die Contax ein Kamerasystem, dem man sich gänzlich als Sammler oder Fotograf witmen könnte. Auch wenn man aufgrund des eigenwilligen Verschlusses etwas Respekt hat, sind die Kameras vor allem für eines gedacht: Fotos zu machen und regelmäßig benutzt zu werden!
Mit Grüßen an Ilona S. nach Berlin. Von Ihr habe ich aus dem Nachlass Ihres Vaters eine Contax II, wie auch eine Contax IIIa erhalten. Die Contax II wurde mittlerweile repariert. Die IIIa ist hier in diesem Artikel gezeigt und auch das eine oder andere Foto mit dieser entstanden.