Das Traditionsunternehmen Voigtländer hatte den Trend zum Kleinbildfilm weitgehend verschlafen. Mit der Prominent bringen die Braunschweiger 1951 die erste Kamera für den professionellen Gebrauch auf den Markt, um mit dieser an die Zielgruppe von Leica und Contax anzuknüpfen. Der Preis ist wesentlich günstiger als die Konkurrenz bei vergleichbarer Qualität – ein „Kampfpreis“. So war die Prominent mit dem Ultron 50mm f2 bereits für etwa 520 DM erhältlich, damit aber doch der 1,5fache Durchschnittslohn pro Monat in den 50ern. Der Name der neuen Linie basiert dabei auf der gleichnamigen 6×9 Rollfilmkamera aus den 1930ern an. In der Prominent haben die Ingenieure von Voigtländer nochmals ihr gesamtes Know-how hineingepackt. Die Prominent grenzt sich damit als eigene Ingenieursleistung positiv von den Leica- und Contaxkopien ab. Allerdings lag deren Blick stark auf die bestehende Konkurrenz und war nicht in die Zukunft gerichtet. Als Ergebnis kam dennoch eine hervorragende verarbeitete, schwere und detailverliebte Kamera der 1950er Jahre in Chrom heraus, während andere Linien wie die Vito B-Reihe als „Kamera des Volkes“ für die Masse gedacht war.
Im Vergleich zur Schraubleica und den Contaxen, kommt die Prominent nicht wesentlich moderner, dafür aber ebenso groß und massiv daher wie ein amerikanischer Cadillac – eben „prominent“.
Bei der gezeigten Kamera handelt es sich um die letzte richtige Prominent in der Version 7 um 1957. Im Gegensatz zu den frühen Modellen hat die Kamera längst einen Schnellspannhebel zum Filmtransport und spannen des Zentralverschlusses.
Im Gegensatz zur Leica mit Schlitzverschluss und Verschlusstüchern, dem berühmt berüchtigten Metalllamellenverschluss der Contax hat Voigtländer sich an keiner Innovation versucht, sondern am bewährten Zentralverschluss festgehalten. Einerseits sind damit zwar die Verschlusszeiten auf 1/500 limitiert, andererseits sind die guten Synchro-Compur-Verschlüsse entsprechend robust und auch einfach zu reparieren.
Im Gegensatz zur Schraubleica mit dem M39 Schraubgewinde, aber ähnlich dem Konzept der Contax hat die Voigtländer ein Innen- und Außenbajonett zur Aufnahme der unterschiedlichen Objektive.
Während bei den frühen Objektiven nur Aufsteckfilter verwendet werden können, haben die Objektive späterer Herstellung auch ein Filtergewinde, welches praktischerweise für alle verfügbaren Optiken denselben Durchmesser hat.
Alles wirkt schwer und massiver verarbeitet als üblich und auch notwendig – selbst die Filter. Die Voigtländer Kameras sind gefühlt generell wertig verarbeitet, was sich bereits bei der Verchromung bemerkbar macht, die auch nach Jahrzehnten in der Regel aussieht wie neu.
Die Voigtländer Prominent bietet zur Fokussierung zur Leica ( Fokussierung am Objektiv ), und zur Contax ( Fokussierung am Fokusrad oder Objektiv ) eine neue Variante an. Der linke Drehknopf dient nicht nur zum zurückspulen des Films, sondern auch zur Fokussierung. Unterhalb befindet sich eine Gravur zur Bestimmung der Tiefenschärfe. Das Objektiv selbst bewegt sich lediglich nach vorn und zurück und kann durch drehen nicht fokussiert werden.
Über einen Schiebeschalter schnappt ein halber ringförmiger Knauf hoch und macht den Drehknopf bereit zum zurückspulen des Films.
Aufgrund der Fokussierung am linken Drehknopf wandert der Sucher gezwungenermaßen nach rechts. Im Gegensatz zur Leica und Contax sind die Fenster des Meßsuchers also „verkehrt“ herum. Der Sucher ist nicht sonderlich groß, das Mischbild dafür aber erstaunlich klar. Im Modell 7 sind sind auch bereits die entsprechenden Leuchtrahmen für die Standardbrennweiten 35mm, 50mm und 100mm eingeblendet. Ebenfalls neu in dem gezeigten Modell ist der verspiegelte Sucher, welcher nun mit der Oberkappe mittels Schrauben anstatt von Nieten verbunden.
Ebenso etwas anders ist die Trennung von Auslöser und Gewinde für den Drahtauslöser statt.
Auf der Unterseite befindet findet sich neben dem Stativanschluss auch die Filmmerkscheibe.
Das Innere der Kamera ist angenehm aufgeräumt. Glücklicherweise haben die Ingenieure nicht das Prinzip der Filmwalze einer Vito B übernommen. Bei diesen kann der Verschluss nur gespannt werden, wenn die Perforation des Kleinbildfilmes den Verschluss spannt.
Der riesige „Turnit“ Aufstecksucher aus dem Jahre 1956 wurde eigens für die Prominent konzipiert und wirkt ebenso wie die Kamera überkonstruiert und detailreich. Diesen gibt es noch in zwei früheren Varianten aus Bakelit oder mit Leder bezogen. Hier zu sehen der Turnit für die Brennweiten 35mm, 50mm und 100mm. Neben den Klappmasken für 50mm wird der Aufstecksucher für 35mm und 100mm einfach um 180 Grad gedreht. Während die frühen Prominent noch einen aufsteckbaren Zubehörschuh benötigten, wurde ab der 5. Version dieser zum festen Bestandteil des Bodys.
Was die Prominent gegenüber Leica und Contax für Käufer unattraktiver machte war die eingeschränkte Objektivpalette. Diese waren aber dafür hervorragend. So waren für die Prominent das folgende Objektive verfügbar: Skoparon 35mm f3.5, Nokton 50mm f1.5, Ultron 50mm f2, Color-Skopar 50mm f3.5 und das Dynaron 100mm f4.5. Vor allem das Ultron 50mm f2 gilt bis heute als eines der besten gebauten Objektive oder mit den Worten wie Voigtländer die Prominent bewarb: „Weil das Objektiv so gut ist“. Beim Ultron handelt es sich um einen Sechslinser in fünf Gruppen und beeindruckenden 15 Blendenlamellen. Entwickelt wurde das Ultron unter Leitung von Albrecht Wilhelm Tronnier, einem deutscher Konstrukteur von Optiken und Vater von Objektiven wie dem XENAR, XENON oder NOKTON. Dieser war seit 1944 als Berater und freier Mitarbeiter bei Voigtländer tätig. Wie das Nokton und Ultron waren Neuschöpfungen, welche speziell für die Prominent entwickelt wurden.
Voigtländer versuchte sich zwar danach ein letztes Mal mit der Prominent II um ein Update, welches im wesentlichen in einem größeren Kristallsucher bestand. Dadurch wurde das klassische geradlinige Design der Prominent allerdings stark verändert.
Voigtländer wollte mit der Prominent sicherlich die entstandene Lücke der Contax II / III aus dem Hause Zeiss Ikon füllen. Die Technologie hierfür wurde entweder zerstört oder als Reparationsleistungenvon den Sowjets abtransportiert, um die Contax II / III bis in die 80er Jahre als Kiev nachzubauen. Die in Ost und West zerschlagene Zeiss Ikon AG musste sich auf beiden Seiten neu aufbauen und strukturieren. Während im Osten an der Spiegel-Contax gearbeitet wird, erscheint im Westen 1948 die neue Contax IIa und darauf zeitgleich mit der Prominent die Contax IIIa.
Der erste Testfilm ist eingelegt. Die ersten Fotos erscheinen hier in Kürze.
Herrliches Stück Schwermetall, sehr hochwertig. Dazu noch eine Telomar 100 (ähnlich dem Visoflex für die Leica und schon wurde aus einer schönen Kamera eine Hässliche.
Dazu konnte man auch noch in den ersten Jahren noch einen Kontur-Sucher verwenden, der sogar auch in den Telomar eingebaut ist.