Das Primotar 50mm f3.5 „E“ von Meyer-Optik Görlitz wurde 1957 vorgestellt und gilt als ein etwas unterbewertetes, vielleicht besser ausgedrückt, missverstandenes Objektiv. Im Gegensatz zum Zeiss Tessar 50mm f2.8 punktete der Vierlinser mit Druckblende nicht mit seiner überragenden Lichtstärke, was aber eigentlich seinen guten Grund hatte. Der Fokus des Objektivs lag nicht auf der Lichtstärke, sondern auf der Abbildungsqualität, welche bei Blende 3.5 bereits sein Optimum erreicht hatte. Neben der neuen Rechnung fanden optische Glassorten aus Schwerkron und Tiefflint, deren Fertigung in den Jahren zuvor noch schwer zu händeln war.
Die „Q1“-Gravur ist ein Qualitätssiegel der ehemaligen DDR und verweist auf die herausragende Qualität der Optik.
Allerdings erleichterte eine höhere Lichtstärke mit der dadurch verbundenen Aufhellung des Suchers das fokussieren. Um diesen Nachteil zum Tessar 50mm f2.8 auszugleichen, besitzt das Primotar die Besonderheit einer Einstellblende. Mit der Einstellblende „E“ lässt sich das Objektiv auf eine unkorrigierte „kreisrunde“ Lichtstärke von f3 steigern, was den Sucher nochmals merklich gegenüber f3.5 heller macht.
Die Kundschaft achtete hingegen sicherlich vor allem auf die angegebenen Werte und Zahlen und auch seitens Zeiss dürfte kein großes Interesse an einen „Erfolg aus Görlitz“ geherrscht haben.
Das Objektiv besitzt 6 nicht abgerundete Blendenlamellen, was sich in einem entsprechenden „Hexagon Bokeh“ wiederspiegelt. In „E“ fotografiert, switcht das Bokeh vom Hexagon in ein „Soap Bubble Bokeh“, wohlgemerkt befindet man sich dann aber nicht mehr im optisch besten korrigierten Bereich, sondern im Bereich in der Einstellblende. Normalerweise ist es so gedacht, dass bei der Aufnahme die Einstellblende in die Arbeitsblende springt.