Contax-Story „Spiegel-Contax“- Teil 5

Deutschland in den späten 1930ern. Zeiss Ikon hat die Entwicklungen bei Ihagee mit ihrer Kine Exakta und den KW in Niedersedlitz mit der Praktiflex im Blick. Man ahnt, dass man sich als führendes Kameraunternehmen auch dem Thema Spiegelreflexkameras widmen sollte. Bereits Ende der 1930er Jahre beginnt der optische Megakonzern mit dem Projekt „Syntax“. Die „Syntax“ sollte das SLR Pendant zum Messsucher „Contax“ werden. Der Entwurf beruht entsprechend auf dem berühmten, wie auch ebenso berüchtigten, Metalllamellenverschluss der Contax und auch dem dazugehörigen Bajonett. Der Projektname „Syntax“ leitete sich entsprechend wohl aus den Worten „Synthese“ und „Contax“ ab. Mit dem Zweiten Weltkrieg wird die Entwicklung der Spiegelrefelxkamera unterbrochen. Ein Patent blieb erhalten. Hat eventuell bereits ein Prototyp existiert und ist in den Wirren zerstört worden, verschwunden oder untergegangen? Die Produktionsstätten sind in großen Teilen zerstört. Unterlagen und Personal sind mit den Amerikanern nach Westdeutschland gebracht worden, während die Sowjets ganze Produktionsstrassen verpacken und verladen. Das Spitzenprodukt, der Messsucher Contax II / III wird als Beutekamera und Teil der Reparationsleistungen nun als Kiev bei Arsenal hergestellt.

Die Nachkriegszeit bildet eine Cäsur, in welcher sich die Firmen komplett neu aufstellen müssen, auch personell. Zeiss ist getrennt in „Ost“ und „West“ und steht nun in gegenseitiger Konkurrenz. In Zeiss Oberkochen wird der Messsucher als Contax IIa und IIIa neu konstruiert. Bei Zeiss „Ost“ ist die Konstruktion der bereits angedachten Spiegelreflexkameras ein großer Hoffnungsträger.

Unterlagen und die ursprüngliche Projektgruppe existieren als solche nicht mehr. 1949 wird die komplett neu konstruierte Contax S offiziell vorgestellt. Mit der ursprünglichen Syntax hat diese mit Schlitzverschluss und dem M42 Bajonett nicht mehr viel gemein. Bei der Contax S handelt es um eine der „ersten“ Spiegelreflexkamera mit fest verbautem Prisma nach der Rectaflex. Die Entwicklungen zur Syntax sind zwar älter als die Rectaflex, allerdings wurde letztere vor der Contax S gebaut. Zeiss „West“ sollte erst später im Jahre 1953 mit einer eigenen SLR, der Contaflex, nachliefern. In den kommenden Jahren wird die anfangs noch nicht ganz ausgereifte Kamera immer wieder verbessert und erscheint in den Nachfolgemodellen D, E, F, FB und FBM. Hier gezeigt die Contax „F“ mit automatischer Springblende.

Der Auslöser befindet sich als Schrägauslöser auf der Vorderseite, statt auf der Oberseite der Kamera. Der Schrägauslöser sollte ein typisches Merkmal der späteren Praktica L-Serie werden.

Die Verschlusszeiten werden mittels eines Schiebeschalters auf der Rückseite zwischen den Lang- und Kurzzeiten ausgewählt. Die rote Skala entspricht dabei den Bereichen von Bulb, 1s – 1/20s, die schwarze Skala 1/50s bis 1/1000s.

Die Blitzbuchse für den Blitz befindet sich auf der Oberseite der Kamera. Ein Zubehörschuh zur Anbringung eines solchen fehlt der Kamera. Ein Schnellspannhebel fehlt der Kamera und ist noch als Drehknopf ausgeführt.

Mit dem Zusammenschluss der verbliebenen Kamerahersteller zum volkseigenen Betrieb VBE Pentacon, wie auch den andauernden markenrechtlichen Rechtsstreitigkeiten mit Zeiss „West“, verschwindet das Zeiss Ikon Logo unter der neuen Flagge des Ernemannturm.

Man findet auch sonst kleine Details die späteren Spiegelreflexkameras fehlen. So hat die Spiegel-Contax an der Unterseite noch einen kleinen Standfuß wie die Messsucher aus Vorkriegszeit.

Produkte der Kameraindustrie sind vor allem auf den devisenbringenden Export ausgerichtet. Neben den anfänglichen technischen Problemen hat die Spiegel-Contax noch ganz andere Probleme: Bananen, Orangen, Mandarinen und andere Südfrüchte. Um die Bevölkerung bei Laune zu halten und Fluchtinteresse in den Westen zu mindern, werden Kompensationsgeschäfte mit dem Ausland eingefädelt. Die Bezahlung der Westwaren erfolgt unter anderem durch die Lieferung von Spitzenprodukten der volkseigenen Betriebe.

Die Händler waren aber vor allen daran interessiert, diese Kameras wieder in Devisen umzutauschen. Die Spiegel-Contax wird daher „verscherbelt“, der Ruf der Kamera damit gewissermaßen „verbrannt“. Hinzu kommen die anhaltende Streitigkeiten um Namensrechte zwischen den getrennten Werken. So wird die Contax teils unter anderen Namen wie ConSol oder Ritacon F exportiert oder darf nur ausgeführt werden, wenn Name oder Logo weggeschliffen oder zumindest mit einem Schild verdeckt werden. Bei Pentacon stehen daher die Zeichen immer mehr in Richtung der Praktica und deren Ingenieur Siegfried Böhm.

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