„Super Ikonta“ klingt tatsächlich etwas nach einer Superheldin wie „Wonder Woman“, “Batgirl“ oder „Catwoman“ aus dem Marvel- oder DC-Universum. Allerdings ist das hier ein Kamerablog und so handelt es sich bei der „Super Ikonta“ neben ihrer etwas einfacher ausgestatteten Schwester „Ikonta“, um eine lange Modellreihe aus dem Hause der Zeiss Ikon AG. Die Super Ikontas waren dabei das Messsucher Spitzenmodell fürs Mittelformat. Ohne übernatürlichen Superkräfte waren die Super Ikontas damit doch Kameras der Superlative in ihrem Segment und die zuverlässigen und robusten Arbeitspferde von Fotografen.


Als ein Spitzenprodukt der deutschen Kameraindustrie war die Super Ikonta auch in der Nachkriegszeit gefragt und deshalb für die Siegermächte von Ost und West gleichermaßen interessant. Die Nachkriegszeit bildete zugleich einen Schlussstrich wie auch einen Neuanfang. Nach der Trennung von Zeiss Ikon in „Ost“ und „West“ wird das aktuelle Modell der Super Ikonta in den unzerstörten Zweigwerken von Zeiss Ikon, den ehemaligen Dr. Nagel Kamerawerken, weiter hergestellt. Bei Zeiss „Ost“ geht die „Ikonta“ und „Super Ikonta“ zur Erfüllung von Reparationsleistungen neue Wege. Daraus entsteht die Ercona, Econa II und Exona. Ähnlich dem Schicksal der Contax II / III wird das Modell fürs Format 6×9 auch zur Beutekamera. Diese wird von der KMZ als „Moskva“ oder „MOCKBA“ anfangs noch aus Originalteilen produziert. Zeiss „Ost“ und „West“ arbeiten nun unabhängig voneinander und in gegenseitiger Konkurrenz. 1953-57 erscheint „made in Stuttgart“ die Super Ikonta 531/16 (III) ohne Belichtungsmesser und 1955-59 die 534/16 (IV) mit Belichtungsmesser. Ein völlig neues Designkonzept? Ganz so neu wie man denkt, ist die Kamera vielleicht nicht, denn im Verlauf von diesem Artikel zeige ich den Rückgriff zu den identischen Merkmalen einer wesentlich älteren Ikonta. Die hier gezeigte Kamera kostete damals fast 300 DM und damit etwas mehr als 10% von damaligen Durchschnittseinkommen.

Als Objektiv der Nachkriegszeit ist das Carl Zeiss Tessar 75mm f3.5 bereits vergütet, damit gegen Streulicht unanfälliger und auch besser für die Farbfotografie geeignet. Als einfachere und kostengünstigere Messsuchervariante war die Kamera auch mit einem Novar-Anastigmat 75mm f3.5 erhältlich. Mit dem Synchro Compur wurde dasmit einem der besten Zentralverschlüsse ihrer Zeit ausgestattet, welcher Verschlusszeiten von bis zu 1/500 s bildet.

Im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen bot die 531/16 gerade im Bereich des Messsuchers nicht nur technische, sondern vor allem auch optische Neuerungen.

Im Unterschied zu den frühen Super Ikontas mit ihrer Formatvielfalt von 4,5×6 – 6×6 – 6×9 – 6,5×11 wurde dieses bereits bei den Vorgängern auf das klassische Format von 6×6 eingeschränkt.

Das lange markante Markenzeichen der externen klappbaren oder späten fixen Prismas für den Messsucher ist bei diesem Modell nun komplett in der Oberkappe verschwunden. Dadurch kann ein kompakteres Gehäuse einer bereits älteren Kamera verwendet werden.


Bei den gleichen oder vergleichbaren Eckdaten ihrer Vorgänger, ist die Kamera vor allem wesentlich kleiner, leichter und damit transportabler geworden. Wenn man genau hinschaut, beruht die neue „Super Ikonta“ tatsächlich in weiten Teilen und auch Bauteilen auf den kleineren Sucherkameras ohne Messsucher „Ikonta“ wie der 520/16 und 521/16, deren Geschichte in die Vorkriegszeit zurückreichen.



Mit der 524/16 kommt die optisch angepasste Variante mit verchromter Oberkappe mit Sucherfenster hinzu und später die Mess-Ikonta 524/16 ohne gekoppelten Entfernungsmesser. Woher kam der Rückgriff? Materialmangel in der Nachkriegszeit, vorhandenes Material, Teile und Produktionsmaschinen? Vergleicht man ein Vorkriegs- und Nachkriegsmodell der Ikonta, erkennt man auch, dass Teile wohl „eingespart“ wurden oder hatte dies etwas mit der unterschiedlichen Ausstattung von Objektiv und Zentralverschluss zu tun? Links eine Nachkriegs Ikonta mit Novar und Prontor-S aus dem Jahre 1949/50 mit weniger und rechts eine Vorkriegs Ikonta mit Tessar und Compur-Rapid aus dem Jahre 1938 mit mehr verchromten Zierelementen.

Jedenfalls handelt es sich bei der Super Ikonta nun tatsächlich um eine hochwertige Mittelformatkamera für die Hosentasche, wo ihre Vorgängerinnen zwar bereits sehr kompakt aber dennoch größer und schwerer waren.

Die Oberkappe ist im Gegensatz zu den früheren und größeren Super Ikontas wesentlich weniger verspielt, schlichter, moderner und verchromt.

Der automatische Filmtransport mit Doppelbelichtungssperre macht das Rotlichtfilter überflüssig. Dennoch besitzt die Kamera noch ein kleines Sichtfenster, welches aber lediglich zur Kontrolle dient, ob sich in dieser ein Film befindet oder nicht.

Die High-End Kamera bildete vielleicht den Höhepunkt, gewiss aber den Endpunkt einer langen Modellreihe in Zeiten. In Zeiten der wachsenden Beliebtheit vom Kleinbildfilm war die Super Ikonta damit tatsächlich die letzte Ihrer Art.



