Besuch bei ZEISS auf der Ostalb

Ich sitze gerade im Zug von Ulm nach Oberkochen, einer beschaulichen Stadt auf der Ostalb, die sich zwischen Heidenheim an der Brenz und Aalen befindet. Ein beschaulicher Ort und doch der Hauptsitz einer Firma von Tradition und Weltruf: ZEISS.

Wie ZEISS von Jena nach Oberkochen kam, ist eine lange Geschichte. Im Buch „Und trotzdem Brüder – Die deutsch-deutsche Geschichte der Firma Carl Zeiss“ beschreibt Armin Hermann die Trennung von ZEISS „Ost“ und „West“ bis zur Wiedervereinigung nach dem Mauerfall.

Die Trennung beginnt mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Bevor die Amerikaner Thüringen und damit auch das in Jena befindliche ZEISS Werk an die Sowjetunion übergeben, treffen diese eine strategische Entscheidung: „Take the brain“. Deutsches Know-how ist begehrt, und um sich dieses zu sichern, werden Führungskräfte, Wissenschaftler und Mitarbeiter von ZEISS und auch SCHOTT nach Heidenheim gebracht. Nach einer Phase des Stillstands und der Suche nach einem geeigneten Produktionsstandort findet sich ein Firmengebäude von Leitz in Oberkochen und der Sitz der Zeiss-Stiftung wird nach Heidenheim verlegt.

Heinz Küppenbender sollte hier zum Architekt von ZEISS im „Westen“ werden, während die Werke in Jena zum 100-jährigen Jubiläum größtenteils demontiert wurden und nach dem Wiederaufbau in einen Volkseigenen Betrieb überführt werden sollten. Von der Wissenschaftsstadt Jena wäre die Kleinstadt Oberkochen fast nur eine Zwischenstation geblieben. Denn die Optischen Werke Steinheil zeigten Interesse an einer Übernahme durch die Oberkochener, was die Zeissianer vermutlich wieder weg von Oberkochen nach München gebracht hätte. Aufgrund der Geschichte haben sowohl Heidenheim als auch Oberkochen „thüringische Einflüsse und Wurzeln“ und damit enge Verbindungen zu Jena, denn mit den Wissenschaftlern, Optikern und Fachkräften kamen auch deren Familien auf die Ostalb. Bevor sich die Grenzen zwischen Ost und West zementierten, war Oberkochen auch Ziel von republikflüchtigen Zeissianern aus Jena. Die Wiedervereinigung von Ost und West sollte noch Jahrzehnte dauern. Thüringen hat damit sicherlich auf Oberkochen und Heidenheim Spuren hinterlassen. Ein Arbeitskollege von mir, welcher in den 60-70ern in Oberkochen aufgewachsen ist, erinnert sich, dass der thüringische Dialekt seiner Schulfreunde zeitweise auf ihn abgefärbt hat, was bei den Eltern nicht gern gesehen wurde.

Ziel meines kleinen Ausflugs ist das „ZEISS Museum der Optik“, ein kleines, aber feines Museum, bei dem es sich nicht nur um Fotografie dreht. In unterschiedlichen Themenfeldern wird dem Besucher durch Exponate, interaktive Ausstellungskonzepte und Technik zum Anfassen gezeigt, wo überall ZEISS „drinsteckt“. Es ist ratsam, einen Blick auf die Öffnungszeiten zu richten, denn das Museum mit kostenlosem Eintritt ist an Wochenenden und Brückentagen beispielsweise geschlossen.

ZEISS Museum der Optik
Carl-Zeiss-Straße 22
73447 Oberkochen
zeiss.de

Die „Schatzkammer der Optik“ beherbergt eine Fülle von Exponaten. Auch zu finden ein Fernrohr von Napoleon, welches ihm nach der Schlacht von Waterloo abgenommen wurde.

Eines von vielen Highlights. Das Planar 50mm f0.7, welches Stanley Kubrick bei den Kerzenaufnahmen in „Barry Lyndon“ verwendete. Eigentlich wurde dieser Lichtriese für die NASA entwickelt, um die dunkle Seite des Mondes zu fotografieren.

Mit dabei: eine ZEISS Ikon Contax IIa mit ZEISS Objektiven, genauer gesagt einem ZEISS Opton Sonnar 50mm f1.5 und dem Superweitwinkel Carl Zeiss Biogon 21mm f4.5. Bei der IIa handelt es sich um den westdeutschen Nachfolger des Messsuchers Contax II aus Jena, der auch im Museum zu sehen ist.

Analoge Bilder folgen an dieser Stelle hier in Kürze.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert