Bei der Seagull Serie 4 handelt es sich um klassische zweiäugige und rein mechanische TLRs im Stil der Rolleiflex und Rolleicord, allerdings gefertigt „Made in China“. Fabriziert wurde die Kameras vom ältesten Kamerahersteller Chinas, der Shanghai Seagull Camera Limited deren Logo eine Seemöwe ziert. Seit den späten 60er Jahren produzierte der Hersteller auch TLRs, welche als Modellreihe Seagull 4 bekannt ist. Vorgänger der Serie war die Shanghai 4. Die Modellreihe 4 besteht dabei aus der Seagull 4 aus dem Jahre 1967 sowie den entsprechenden Folgemodellen 4A, 4B, 4B1 und 4C mit weiteren Untervarianten. Grob könnte man sagen, die 4A orientiert sich durch die Transportkurbel an der Rolleiflex, die 4B mehr an der Rolleicord. Links gezeigt eine Seagull 4B1, auf der rechten Seite eine Seagull 4A.
Die Seagull 4B ist im Gegensatz zu 4A das eher einfachere Modell. Der Filmtransport und das Spannen des Verschlusses erfolgt nicht über die Transportkurbel, sondern über einen Drehknopf. Im Gegensatz zu 4B verfügt die 4A über ein Zählwerk, das einfachere Modell über zwei Sichtfenster. Der Filmtransport rastet bei der 4B im Gegensatz zur 4A nicht ein. Das macht Doppelbelichtungen beabsichtigt oder nicht schnell möglich. Bei der 4A muss hierfür ein entsprechender Knopf bei der Transportkurbel betätigt werden um dann lediglich den Verschluss zu spannen.
Die 4A ist in unterschiedlichen Varianten 4A-105, 4A-107 oder dem Topmodell der 4A-109 erschienen. Die B-Serie als 4B und 4B1. Über dem Logo sind sowohl Modell und Seriennummer entsprechend aufgedruckt.
Bei den Modellen 4B und 4C handelt es sich, um Zweiformatkameras da sowohl 6×6, wie auch das Format 6×4,5 belichtet werden kann. Hierzu verfügt die Kamera über jeweils ein Sichtfenster pro Format. Zum belichten von 6×4,5 wird eine einfache Reduzierformatmaske aus Metall eingesetzt, welche aber wohl bei vielen gebrauchten Kameras bereits verloren sein wird. Die Kameras sind sowohl mit chinesischen, wie auch lateinischen, Schriftzeichen erschienen. Die Kameras sind in schwarzer wie auch metallischer Optik erschienen. Daneben gibt es noch entsprechende Exportmodelle wie der Revue 6×6, Gullwing oder teils ibesser ausgestattete Modelle der B.I.G. Twin. Unten zu sehen zwei Modelle der Seagull 4B1 mit kleinen optischen Unterschieden.
Bei den Hajou Aufnahmeobjektiven mit unterschiedlichen Bezeichnungen handelt es um vergütete dreilinsige Triplets. Die entsprechende Filtergröße ist M34 x 0,5. Beim Hajou SA-99 vom Topmodell handelt es sich um einen Vierlinser. Im Vergleich bei den Objektiven ist die Abbildungsleistung nur eine Referenz und die von persönlichen Bedürfnisse meist andere. Der Zentralverschluss der 4A, welcher bei der 4B separat gespannt werden muss, liefern Verschlusszeiten von Bulb bis 1/300. Beim Topmodell ist auch 1/500 möglich. Die Bedienungsanleitung warnt den Verschluss bei Nichtgebrauch gespannt zu lassen. Auch sollte erst die Verschlusszeit ausgewählt, dann gespannt und ausgelöst werden.
Beide Kameras haben einen vergleichbaren Lichtschacht mit entsprechender Lupenfunktion. Bei der 4A ist dabei eine echte Mattscheibe aus Glas, bei der 4B1 lediglich eine aus Plastik mit Fresnelline dafür aber mit Schnittbildindikator verbaut. Obwohl bei der 4A wie häufig bei TLRs üblich ein lichtstärkeres Sucherobjektiv verbaut wurde, sind beide Kameras vergleichbar hell.
Etwas belächelt als Billignachbau, als Klapperkisten bezeichnet und sicherlich häufig in unterschiedlichem Zustand gebraucht zu erwerben, kostete die Kamera in den 60er und 70er Jahren in China stolze 230 bis 290 Renminbi. Dies entsprach damals dem Jahresgehalt eines Arbeiters. Kostete meine Seagull 4A in sehr gutem Zustand während meines Kunstudiums um das Jahr 2000 etwa noch 20 Euro, sind die Preise im Jahr 2021 entsprechend gestiegen. Bei Angeboten in Onlineauktionen für 150 Euro stehen dann allerdings bereits andere hochwertigere Modelle zur Auswahl. Eine 4B konnte ich so auch noch im Jahr 2021 neuwertig für 40 Euro erstehen. Trotz der besseren Verarbeitung einer 4A, hat auch die 4B gewisse Vorzüge. Dies fängt bereits bei Kleinigkeiten, wie dem einfacheren Anbringen eines Kameragurtes an, sofern man nicht die für TLRs unpraktische Bereitschaftstasche verwenden möchte. Aber besonders bei einer Reparatur oder Wartung des Zentralverschlusses in Eigenregie ist weniger manchmal auch mehr. Die Seagulls, nicht zu vergleichen zum Original oder anderen TLRs, aber gar keine so schlimme Klapperkiste wie häufig beschrieben und abgeblendet schlagen sich die Seemöwen gar nicht so schlecht.
Gedanken zur 4A
- wertigere Verarbeitung im Vergleich zur 4B
- Mattscheibe aus Glas
- Transportstopp
- Bildzähler
- Lichtstärkeres Sucherobjektiv was im Vergleich aber kaum auffällt.
- Filmtransport und Spannen des Zentralverschluss gekoppelt
- Mehrfachbelichtung möglich
Gedanken zur 4B1
- noch günstigerer Preis
- Doppelbelichtungen sehr einfach möglich
- Mehrformatkamera 6×6 und 6×45
- Gurtbefestigung
- Einfachere Wartung und Reparatur im Vergleich zur 4A
- Schnittbildindikator
Bilder sind mit beiden Kameras bereits gemacht. Scans folgen hier in Kürze.