Mythos radioaktives Glas?

Leider nein und es hat auch weder mit Tschernobyl, Fukushima noch Atomtests zu tun. Denn diese, doch sehr speziellen Glassorten, wurden nicht unbeabsichtigt kontaminiert, sondern wurden mit voller Absicht mit radioaktiven Stoffen versetzt. Dabei handelt es sich um eine Zugabe von Thorium-Oxid zur Herstellung von Thoriumglas, dessen Linsen doch bis zu 30% enthalten sollen.

Thorium ist ein radioaktives Element, welches nach dem germanischen Gott Thor benannt wurde. Donnergott Thor, ein Gott auf der Seite der Schwachen, ist Sohn von Odin und trägt wie die Comicversion tatsächlich einen Hammer in der rechten Hand, welcher weggeschleudert wieder zu seinem Besitzer zurückkehrt. Etwas unsterblich mag das Element Thorium durchaus erscheinen, denn so beträgt die Halbwertszeit des Elementes etwa 15 Milliarden Jahre bis es sich zum stabilen Blei umgewandelt hat. Halbwertzeit meint, dass sich in dieser Zeit die Hälfte des Thoriums in Blei verwandelt hat. Unsere Erde ist mit geschätzten 4,5 Milliarden Jahren damit noch vergleichsweise jung. Thorium ist ein Alphastrahler, seine Zerfallsprodukte bis hin zum Blei allerdings auch Betastrahler. Alphastrahlung kommt in der Luft nur wenige Zentimeter weit und lässt sich bereits mit Papier abschirmen, allerdings darf diese nicht ins Innere des Körper gelangen. Betastrahlung hat in der Luft eine wesentlich höhere Reichweite von mehreren Metern, kann aber durch Kunststoff oder Metall weitgehend abgeschirmt werden. Entsteht bei den Zerfallsprodukten unter Umständen auch die wesentlich gefährlichere Gammastrahlung? Befürchten, dass meine Objektive am Ende der Zerfallsreihe blind werden, muss ich also aufgrund der Halbwertszeit absehbar noch nicht haben.

Meist sind die radioaktiven Objektive aufgrund deren Gelbfärbung zu erkennen. Diese Verfärbung kann durch künstliche oder natürliche Bestrahlung von UV-Licht entfernt oder zumindest gemindert werden. Gerade in der Schwarzweißfotografie haben die Gläser gewissermaßen einen leichten Gelbfilter bereits integriert, allerdings dient die radioaktive Glassorte der Minderung von chromatischen Aberrationen. Thorium mit dem chemischen Symbol Th wurde früher vor allem in Glühstrümpfen oder Schweißelektroden verwendet, aber eben auch zur Herstellung von hochwertigen Objektiven. Wir sind immer einer gewissen natürlichen Strahlung ausgesetzt. Wir nehmen radioaktive Stoffe über die Atemluft oder Nahrung auf. Wir sind ständig einer kosmischen und terrestrischen Hintergrundstrahlung ausgesetzt. Gerade im Gebirge sind wir aufgrund der Höhe auch einer höheren Dosis ausgesetzt. Baustoffe wie Granit können Radon abgeben und die Belastung ist immer auch eine Frage des Wohnortes, genauer gesagt den darunterlegenden Erdschichten. Radioaktivität ist gefährlich und wird einem weder mit Superkräften ausstatten noch wie in diesem Falle „Fotografen zu Superfotografen“ mutieren, daher sollte man sicherlich folgende Ratschläge auf jeden Fall berücksichtigen. Nicht jedes Objektiv ist radioaktiv. Teils wurden radioaktive Linsen im Laufe Modelle später durch andere Glassorten ersetzt. Wenn, dann sind meist nicht alle Linsen in einem Objektiv radioaktiv. Das meint, dass beispielsweise die Hinterlinse mehr strahlt als die Vorderlinse. Was als vermeintlich „radioaktiv“ angesehen wird, ist häufig lediglich das Schimmern der Vergütung.

Keineswegs ein wissenschaftlicher Versuchsaufbau und nicht mit dem Anspruch genauer Messwerte, dennoch lassen sich wesentlich höhere Werte gegenüber der natürlichen Hintergrundstrahlung messen. Auch geht es in diesem Artikel nicht darum die Belastung unterschiedlicher Objektive zu vergleichen und auch unterscheiden sich die Werte von einem Takumar 50mm f1.4 von einem f1.8. Die Messung mit dem Geigerzähler zeigte auch, dass vor allem Hinterlinse(n) aus Thoriumglas bestehen müssen. Angeflanscht an den Body, waren die gemessenen Werte an der Kamerawand gegenüber der Hintergrundschaltung mit meinem Geigerzähler lediglich noch leicht erhöht, aber keinesfalls vollständig komplett abgeschirmt.

Ich bin weder Mediziner noch Teilchenphysiker. Dies hier ist weder eine wissenschaftliche noch medizinische Beratung noch Empfehlung auf die Sie sich berufen dürfen. Überlegen Sie sich, in welchem Verhältnis der vielleicht optische Mehrwert bei der Verwendung von solchen Objektiv liegt. Machen Sie sich nicht verrückt, denn ein altes Objektiv ist nicht „generell“ auch radioaktiv. Bedenken Sie, es gibt auch viele andere Stoffe, wie beispielsweise Asbest, die gesundheitsschädlich sind. Wie lange sind Sie einer Belastung während der Nutzung realistisch ausgesetzt? Besitzen Sie eine alte Uhr mit Leuchtziffern, welche sie täglich mehrere Stunden tragen? Wie möchten Sie radioaktive Objektive lagern? Unterm Kopfkissen sind die Objektive sicherlich fehl am Platz. Müssen diese aber bereits in einen mit Bleiplatten verstärkten Safe? Hat die radioaktive Strahlung eine Auswirkung auf den Film oder digitalen Sensor?Gesundheitsförderlich sind sie bei Dauergebrauch sicherlich nicht. Vor allem sollten Stäube von gebrochenen Glas sollten keinesfalls eingeatmet oder aufgewirbelt werden, den Alphastrahler sind vor allem im Körper gefährlich. Das Glas gehört zur Entsorgung dann sicherlich auch nicht in den Altglascontainer.

Die Langzeitbelichtung an meinem digitalen Sensor mit einem Takumar 50mm f1.4 zeigt bei der Langzeitbelichtung von 5 Minuten doch ein paar Auffälligkeiten die nicht alle mit Hot- und Deadpixel aufgrund Vergleichsaufnahmen zu erklären sind. Daher stellt sich sich schon die Frage nach der Sinnhaftigkeit ein radioaktives Objektiv dauerhaft an einem Kamerabody mit Film oder dem digitalen Äquivalent zu belassen. Die obige Aufnahme wurde in Lightroom bearbeitet um die Auffälligkeiten besser sichtbar zu machen, welche aber in der unteren Vergrößerung noch etwas deutlicher werden.

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