Yashica Electro 35 – KultKamera von SpiderMan

Mit einer Yashica Electro 35 unterwegs im Dschungel der Großstadt wie Peter Parker? Nicht ganz, denn im Film Spiderman wird bereits ein Nachfolger, die Yashica Electro 35 GSN, verwendet und nicht wie hier das erste Modell der Electro 35 aus dem Jahre 1966. Neben diesem kleinen Kultstatus des Kameramodells heute, bot die Kamera seinerzeit ein paar interessante Features.

Bei der Yashica Electro 35 handelt es sich um eine halbautomatische Meßsucherkamera. Die Fokussierung der Kamera aus „Pre-AF-Zeiten“ erfolgt schnell, indem beide sich überlagernde Bilder des Mischbildes einfach deckungsgleich gebracht werden. Das Highlight ist aber der elektronisch gesteuerte Zentralverschluss, die automatische Blendenübertragung und die automatische Zeitenbildung. Dadurch behält der Benutzer die volle gestalterische Kontrolle über die Auswahl der Blende und Tiefenschärfe, die Verschlusszeit erledigt allerdings die Elektronik. Diese warnt den Benutzer visuell durch den Sucher oder auf der Kamerakappe vor einer möglichen Unter- oder Überbelichtung.

Ermöglicht wird dies durch den Einsatz von Elektronik und Transistorschaltkreisen. Nicht umsonst prangt ein stilisiertes Atom mit herumschwirrenden Elektronen auf der verchromten Kappe der Kamera. Die Variante mit weißem Logo ist dabei etwas seltener.

Denn die „Electro“ ist eine der ersten echten elektronischen Kameras, bei welcher die Helligkeit nicht nur gemessen und angezeigt wird, sondern die Verschlusszeiten auch gesteuert werden. Wirft man einen Blick ins Kamerainnere wird schnell klar, dass sich die Elektronik im Vergleich zu heute noch sehr in den Kinderschuhen befand. Statt Mikrochips und Bauteilen in SMD-Bauform findet man einfach geätzte und verkabelte Platinen, handbestückt und handverlötet mit konkreten Bauteilen. Die Platine aus Zeiten vor Miniaturisierung hat durchaus seine Vorteile, da dies eine Reparatur deutlich vereinfacht. Gewisse Dinge erscheinen aus heutiger Sicht „kurios“ gelöst, weshalb dieses Adjektiv in diesem kleinen Artikel des Öfteren fallen wird.

Das fängt bei der rot, orangen und grünen Signallampe, welche vor Belichtungsfehlern warnen oder über den Zustand der Batterie informieren, bereits an. Denn das Wort „Lämpchen“ ist hier schon treffend gewählt, da es sich tatsächlich um kleine Glühlampen mit Glaskolben und Glühfaden handelt und nicht etwa wie manchmal beschrieben, um LED‘s auf Halbleiterbasis. Die Lichtfarbe wird durch entsprechende Einfärbung des Plexiglases erzeugt. LED‘s waren bereits seit 1962 seit wenigen Jahren auf dem Markt, damals aber noch wenig lichtstark und deutlich weniger verbreitet.

Auch die Belichtungsmessung ist etwas kurios gelöst. Bei der Electro 35 findet man erwartungsgemäß eine CDs-Zelle. Dabei handelt es sich um einen LDR, also einen lichtempfindlichen variablen Widerstand, der je nach auftreffenden Licht leitfähiger oder eben weniger leitfähig wird. Dem sich dadurch ändernden Widerstandswert in Ohm kann dann eine entsprechende Helligkeit zugeordnet werden. Anders bei der Electro 35. Vor dem LDR befindet sich eine mechanische Blende. Diese ist ebenso mechanisch über das Wahlrad für die Filmempfindlichkeit gekoppelt.

Je nach eingestellten ISO-Wert vergrößert oder verkleinert sich diese Blende und damit auch der entsprechende Lichteinfall. Demzufolge müsste der verbaute LDR einen fixen Widerstandswert besitzen, oder der Höchst- und Tiefstwert eng beieinander liegen. Die Belichtungsmessung erfolgt kontinuierlich, dadurch wird die Verschlusszeit auch kurzfristig sich ändernden Lichtverhältnissen angepasst.

Neben den Lichtverhältnissen zur Berechnung einer korrekten Verschlusszeit fließt auch die jeweilige gewählte Blende als weitere Größe mit ein. Das bedeutet, dass die Blendenwerte vom Objektiv übertragen werden müssen. Hierfür dienen in Reihe geschaltete Widerstände, welche sich im Blendenring des Objektivs befinden. Jede Blendeneinstellung entspricht damit einem entsprechendem Widerstandswert und damit einem gewissen Strom.

Die Kamera hat kein Wechselbajonett, verfügt aber erfreulicherweise über ein lichtstarkes Objektiv Yashinon-DX mit einer Brennweite von 45 mm und Lichtstärke von 1.7. Dieser Gauß-Typ mit 6 Linsen hat einen sehr guten Ruf. Bei späteren Modellen wurde die Bezeichnung des Objektivs um den Begriff „Color“ ergänzt.

Beim Zentralverschluss handelt es sich um einen „Copal Elec“ mit einer kürzesten Verschlusszeit von 1/500 und geht über die volle Sekunde hinaus. Das macht die Kamera vor allem für Langzeitbelichtungen interessant. Der Verschluss wird dabei ganz herkömmlich mechanisch über den Filmtransporthebel gespannt. Die eigentliche Zeitenbildung erfolgt aber dann nicht mechanisch, sondern wird über die Ladung eines Kondensators und mittels zwei Elektromagneten von 1/500 heruntergebremst.

Ist die die Kamera stromlos oder hat einen Defekt, löst die Kamera sozusagen ungebremst in der schnellsten Verschlusszeit von 1/500 aus. Der eigentliche Zentralverschluss befindet sich im Objektiv, welches mit wenigen Handgriffen geöffnet werden kann. Da sich die Fokussierung hinter dem Zentralverschluss befindet, ergeben sich bei einer Reparatur deutlich weniger Probleme einer möglichen Dejustage.

Im Gegensatz zu anderen Kameramodellen blieb man bei den Nachfolgemodellen erstaunlich konsequent. So unterschieden sich die Versionen lediglich marginal wie beispielsweise dem Bereich möglicher ISO-Werte, der Vergoldung der Kontakte, der Kappe oder der Verwendung eines Hot Shoe. Ein kleines unwichtiges Detail bei späteren Modellen ist die veränderte Tasche der Kamera, bei welcher der Schriftzug der Kamera nun deutlich besser von außen zu erkennen ist. Anbei eine ebenso sehr frühe „G“ mit weißem Logo und Unterschieden in kleinen Details.

Bei der „G“ veränderte sich leicht beispielsweise leicht Spannhebel und der ISO-Wert lässt sich durch die Rändelung besser einstellen.

Nachfolgend eine kurze Übersicht der Modellvarianten und grob beschriebener Unterschiede.

  • Yashica Half – das Vorgängermodell
  • Yashica Electro 35 (auch erschienen als „Professionell“ in schwarz) – das Urmodell
  • Yashica Electro 35 G – mit vergoldeten Kontakten
  • Yashica Electro 35 GT – wie G aber in schwarz
  • Yashica Electro 35 GTN – in schwarz und mit Hot Shoe
  • Yashica Electro GS – in satin chrome mit Cold Shoe
  • Yashica Electro 35 GSN – in Satin chrome mit Hot Shoe

Der Sucher ist ausreichend groß und hell. Der Luxus besteht allerdings in der Parallaxenkorrektur, das heißt, mit der Fokusierung wird auch der im Sucher sichtbare Leuchtrahmen verschoben um den korrekten Bildausschnitt zu zeigen. Das erzeugte Mischbild zur Fokussierung ist ausreichend hell und gut erkennbar.

Zu den altersgemäßen Gebrechen der Kamera. Fast alle Modelle der Yashica Electro 35 Reihe leiden nach Jahrzehnten unter ganz bestimmten Mängeln. Zum einen zerfällt die Lichtdichtung und auch die kleine Dichtung zwischen den beiden Lämpchen. Beides kann innerhalb von Minuten erneuert werden. Das größere und wahrscheinliche Problem betrifft allerdings das „Switch Coupling Pad“, besser bekannt und berüchtigt unter dem Namen „Pad of Death“. Dabei handelt es sich um einen etwa 2mm dicken Gummipuffer, der sich mit großer Wahrscheinlichkeit über die Jahrzehnte aufgelöst hat oder zumindest sehr brüchig geworden ist. Anzeichen für ein „Pad of Death“ ist der fehlende charakteristische Klang der Kamera in Form eines dumpfen „Klong“ und fehlerhaften Belichtungszeiten. Den fehlt der Puffer löst die Kamera in der schnellsten Verschlusszeit von 1/500 aus. Wer den Tod der Kamera nicht akzeptieren möchte kann dieses Pad mit etwas Geschick durch ein Stück Linoleum oder Gummisohle tauschen und die Kamera wieder voll funktionsfähig machen. Anleitungen und Videotutorials finden sich im Internet unter dem Suchbegriff „Pad of Death“. Wenn das nicht hilft sollte man einen Blick auf die Kontakte und Zustand der Kabel werfen. Auch Kondensatoren können altern oder austrocknen und gerade dieses Bauteil ist aufgrund seiner Ladung für die Bildung korrekter Verschlusszeiten wesentlich.

Die ursprüngliche PX32 Quecksilberbatterie mit 5,6V ist nicht mehr erhältlich. Da die Kamera nicht allzu anspruchsvoll ist, kann man sich mit vier handelsüblichen LR44 mit jeweils 1,5 V oder besser gleich einer 4LR44 behelfen. Im Internet sind hierzu entsprechende Adapter verfügbar, welche den entsprechenden Formfaktor ausgleichen. Eine DIY Bastellösung funktioniert aber ebenso gut.

Die Yashica Electro 35, eine interessante Kamera im kantigen und klaren Industriedesign aus den Anfängen der Elektronik. Diese ist vor allem für diejenigen interessant, welche sich vor allem auf die Bildgestaltung und ein korrekt belichtetes Bild konzentrieren möchten. Die unterschiedlichen Modelle unterschieden sich lediglich in Details. Für die Praxis würde ich im Gegensatz zu den ersten Modellen, eines der Folgemodelle empfehlen. So sind bei den „G(old)“-Modellen die Kontakte bereits vergoldet und damit weniger anfällig für Korrosion. Auch sind manche Bauteile, weil nicht in Epoxyd vergossen, besser tauschbar. Eines teilen sich die Modelle aber fast alle, das „Pad des Todes“.

Weitere Testfotos finden Sie unter flickr: https://flic.kr/s/aHsmXfwtcx

2 Replies to “Yashica Electro 35 – KultKamera von SpiderMan”

  1. Die Kamera ist ein tolle Gerät, nichts ist klein, alles richtig wuchtig ausgefallen. Das Objektiv hat auch ein Filtergewinde. Allerdings schlucken GElb oder Orangefilter einiges an Licht… das von der automatischen Belichtung nicht korrigiert wird. Hier muss man wohl an der Filmempfindlichkeit tricksen. Gibt es dazu Erfahrungswerte?

    1. Guten Abend,

      ja die Elektro 35 ist ein wuchtiges auffallendes Stück Metall, das auch heute noch Spaß machen kann.

      Aufgrund der nicht abschaltbaren Halbautomatik wird die Verschlusszeit basierend der gewählten Blende gebildet.

      Da hier keine TTL-Messung stattfindet, also „durch das Aufnahmeobjektiv“, verändert sich die Verschlusszeit mit einem aufgesetzten Filter eben nicht.

      Das muss tatsächlich durch die Wahl einer anderen Filmempfindlichkeit gemacht werden.

      Kleines Zitat aus der Originalbedienungsanleitung:

      „Beim Vorschalten eines Filters ist die Belichtungszeit entsprechend dem Filterfaktor zu verlängern. Das geschieht automatisch durch Einstellen der Filmempfindlichkeits-Skala auf einen entsprechend niedrigeren Wert.“

      Jeder Filter, ob Gelb, Rot, Grün oder ND-Filter hat je dunkler dieser wird einen anderen Verlängerungsfaktor.

      Bei einem ND4-Filter müsste man die Filmempfindlichkeit von einem ISO 100 Film bei der Kamera auf die Filmempfindlichkeit ISO 25 stellen.

      Ich hoffe ich konnte weiterhelfen, wenn nicht gerne nachfragen.

      Gruß

      Rainer Leyk

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