Canon Model 7 – der Geheimtipp?

1961 – Der Kosmonaut Juri Gagarin ist der erste Mensch im Weltraum. In Berlin verkündet Walter Ulbricht „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“ und die Hauptstadt wird daraufhin Jahrzehnte geteilt und unter Lebensgefahr hermetisch abgeriegelt. Die Kameraproduzenten konzentrieren sich auf Spiegelreflexkameras und lassen die Weiterentwicklung von Meßsuchern hinter sich oder überlassen der Firma Leica dieses Feld.

Aufzug und Auslösen – supersoft!

Dennoch präsentiert Canon im Herbst 1961 ihren Nachfolger der „P“ und damit neues Flagschiff im Bereich Meßsucherkameras. Die Canon Model 7, ein mechanische Kamera mit Belichtungsmessung. Dieser sollten „als Letzte Ihrer Art“ nur noch zwei Modellvarianten mit CdS-Zelle anstatt Selenzellen folgen, die 7s und 7sZ. Letztere sind auch heute noch etwas teurer als die Canon Modell 7 und wirken aufgrund des fehlenden großen Wabenfensters optisch nicht ganz so wuchtig.

Von 1961 bis 1965 werden etwa 100.000 Exemplare der Canon 7 gefertigt, von deren Nachfolgern deutlich weniger. Die Kamera ist, wenn auch seltener, in „schwarz“ erhältlich. Der Kaufpreis betrug seinerzeit in Deutschland etwa 500,- DM. Das “Must-Have“ war die äußerst lichtstarke und heute kaum noch bezahlbare Canon 50mm „DreamLens“ mit f0,95. Für dieses Objektiv und nur für dieses Objektiv, besitzt die Kamera ein entsprechendes Außenbajonett. Die Canon 7 ist bei uns auf dem europäischen Gebrauchtmarkt zwar erhältlich, aber dennoch nicht allzu häufig zu finden. Gut erhaltene Exemplare können aber zwischen 150 bis 200 Euro zuzüglich von Zoll- und Importgebühren aus Fernost importiert werden. Eine gut erhaltene Leica M3, mit welcher die Canon 7 zeitlich vergleichbar ist, ist zum Zeitpunkt des Artikels für etwa 2000,- Euro zu haben. Eine Canon 7 kann damit ein kleiner Geheimtipp zum Einstieg in die Meßsucherwelt sein und ich verrate gerne weshalb.

Insgesamt ist die Kamera eine Eigenkonstruktion aus dem Hause Canon und unterscheidet sich damit von den üblichen Leicakopien. Dennoch teilen sich beide Kamera das beliebte M39 Schraubbajonett. Das macht die Kamera zur Verwendung wiederum für allerlei Objektive interessant, wie beispielsweise dem Industar-61 bis hin zur Jupiterserie. Mit wenig Geld kann damit ein Satz an guten Festbrennweiten angeschafft werden.

Der große und helle Sucher mit Parallaxenkorrektur wird berechtigt positiv erwähnt. Zugunsten der besseren Sichtbarkeit von Weitwinkel hat er eine Vergrößerung von 1:0,8. Die Schattenseite ist dabei, im Gegensatz zum Vorgänger Canon P mit einem 1:1 Sucher muss nun ein Auge geschlossen werden. Am Drehrad an der Oberseite neben der Filmrückspulkurbel können die fünf unterschiedlichen Leuchtrahmen von 35mm, 50mm, 85/100mm bis 135mm ausgewählt und eingespiegelt werden. Sucht man im Internet nach der Kamera fällt auf, dass meist die Verchromung von diesem Drehrad etwas gelitten hat.

Statt dem üblichen Tuchverschluss hat die Canon 7 einen Schlitzverschluss aus Titanfolie. Viele Verschlüsse haben Knicke in dieser Titanfolie die dramatisch aussehen, für die Funktion aber unbedenklich sind. Dennoch habe ich ehrlicherweise selbst auch darauf geachtet, ein Exemplar “ohne Knicke“ zu bekommen.

Die Kamera bietet die üblichen Verschlusszeiten von 1 bis zur 1/1000 Sekunde. Neben „Bulb“ gibt es aber auch „Time“. Dabei muss der Verschluss nicht dauerhaft gedrückt bleiben. Beim ersten auslösen wird die Aufnahme gestartet, beim zweiten betätigen des Auslösers beendet. Das macht beispielsweise Langzeitbelichtungen komfortabler. Im Gegensatz zur Leica der damaligen Zeit, hat die Canon 7 hat einen eingebauten Selenbelichtungsmesser. Ein Zeigerinstrument auf der Oberseite zeigt die entsprechenden Kombinationen von Blende und Verschlusszeit an. Der Selenbelichtungsmesser besitzt zwei unterschiedliche Empfindlichkeiten. So kann auf der Rückseite neben dem Sucher zwischen „Black Dot“ für Außenaufnahmen und „Orange Dot“ für Innenaufnahmen oder Dämmerung gewählt werden. Am Zeigerinstrument auf der Oberseite kann dann die entsprechende Blende zur aktuell ausgewählten Verschlusszeit abgelesen werden. Der Selenbelichtungsmesser von einer Kamera aus den 60er Jahren funktioniert eventuell nicht mehr oder genau, dies gilt aber allgemein und ist kein typisches Manko für die Canon 7.

Ein Designfehler ist mein persönliches Empfinden nach die Positionierung der Gurtösen an der Vorderseite. Diese sind so positioniert, dass die Kamera am Kameragurt dazu neigt nach hinten zu kippen. Vielleicht hilft ein entsprechend schweres Teleobjektiv als Gegengewicht oder gar der berühmte Lichtriese Canon 50mm f0,95. Der Kamera fehlt aufgrund des Zeigerinstruments ein Hot oder Cold Shoe, ein solcher war aber als Zubehör erhältlich. Selber verwende ich heutzutage an einer solchen Kamera seltenst einen Blitz, einen exakten externen Belichtungsmesser oder Aufstecksucher durchaus.

Bei der Canon 7 handelt es sich um eine rein mechanische Kamera die durch ihre hochwertige und massive Verarbeitung überzeugt. Für den (noch) geringen Preis erhält man eine sehr gut verarbeitete und massive Meßsucherkamera.

Testfotos werde ich in Kürze einstellen, aber diese zeigen mehr etwas über die Qualität von dem Objektiv und nicht dem Body Canon Modell 7.

3 Replies to “Canon Model 7 – der Geheimtipp?”

    1. Der japanische Kameramarkt ist eine gute Adresse. Die Kameras sind binnen weniger Tage per Express da. Man zahlt etwa 50,- an Zoll, dafür sind die Kameras geprüft und kontrolliert, was wiederum sehr viel Frustration erspart. Gruß Rainer

  1. Ich kann die Einschätzung zur Canon 7 7s 7sZ nur teilen.
    Ende 2023 konnte ich eine 7sZ inkl. Canon 50mm 1.4 von einem Sammler in Berlin für zusammen 700,-€ erstehen.
    Kamera und Objektiv befinden sich quasi im Neuzustand und sind beide CLAd, d.h. überholt. Gebrauchsspuren muss man mit der Lupe suchen.
    Die Verarbeitungsqualität der Kamera und des Objektivs ist ganz ausgezeichnet und muss sich hinter Leica nicht verstecken.
    Was man wissen muss (im Vergleich zu einer M6/M7):
    – der eingebaute Belichtungsmesser (bei meinem Modell CdS) misst nicht TTL und hat keine Anzeige im Sucher. Die Blenden-/Zeitkombination wird oben auf der Kamera abgelesen und an Kamera und Objektiv eingestellt.
    – die Framelines müssen manuell eingestellt werden. Nur bei 85/100 sind beide Rahmen sichtbar, sonst immer nur einer (was ich als Vorteil empfinde). Der Messsucher Patch ist nicht so deutlich, wie bei Leica.
    – die Rückwand der Kamera wird wie bei SLRs geöffnet – sie schwingt auf – und man kann den Film wesentlich leichter einlegen, als bei Leica.
    Noch eine kleine Anmerkung zum Verschluss: dieser besteht m.W. aus beschichteten Edelstahlfolien, nicht aus Titan.
    Die Canon 7 (s sZ) ist m.E. nicht nur für den Einstieg in die Messsucherwelt geeignet.
    Von der 7sZ gibt es weltweit nur 4.000 Exemplare … höchste Exklusivität und Qualität zu bezahlbaren Preisen.
    Ich bin begeistert!

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