Rolleiflex SL35 – Purismus

Das Aushängeschild von Rollei, die zweiäugige TLR Rolleiflex, gerät wegen der Beliebtheit vom Kleinbildfilm immer mehr aus der Mode. Ausgerechnet die kleine Rollei 35 von Heinz Waske wird für Rollei zum Bestseller. Rollei benötigt aber dringend eine eigene SLR im Programm . Die Konkurrenz aus Fernost hat die Nachkriegsjahre genutzt und so ist die SL35 einer der letzten großen Versuche sich auf dem Markt neben Nikon, Canon und Co. zu etablieren. Rollei betritt damit eigentlich als Schlusslicht den Markt. In vergleichsweiser kurzer Zeit wurde die Rolleiflex SL35 entwickelt. Eigentlich eine bildschöne und funktionale Kamera, wenn auch technisch ohne die erwarteten und damals dringend benötigten Highlights. Die Kamera ist rein mechanisch und benötigt lediglich für die Belichtungsmessung eine Batterie. Leider ist die damals häufig verwendete PX625 mit 1,35 V nicht mehr erhältlich, entsprechende Adapterlösungen oder Gummiringe allerdings schon.

Die Rolleiflex SL35 fällt auf durch ein sehr puristisches und auf das wesentliche reduzierte Design. Im Gegensatz zum kantigen Formgebung anderer SLRs ihrer Zeit sind die Ecken der SL35 leicht „soft“ abgerundet. Rollei verzichtete auch auf sonst übliche Details und so findet sich weder eine Markierung der Filmebene, noch eine Taste zum Batteriecheck. Ein fest verbauter Blitzschuh fehlt ebenso, kann aber angesetzt und mittels einer Schraube am Prisma fixiert werden.

Selbst die Seriennummer findet sich versteckt im Kamerainnern und ist nur bei abgenommenen Objektiv sichtbar.

Insgesamt werden weniger als 25.000 Exemplare der SL35 in Braunschweig „Made in Germany“ produziert. Der Großteil erscheint in „chrom“ und deutlich weniger wie hier in „profischwarz“. Danach zieht die Produktion nach Singapur um, wo dann der Großteil der SL35 produziert wird. Wie auch bei der Rollei 35 sind die Exemplare „Made in Germany“ seltener, gefragter und entsprechend etwas teurer.

Der Rolleiflex SL35 folgte 1974-76 die ebenso mechanische SL350, welche wieder ausschließlich in Deutschland gebaut wurde. Bei der Entwicklung des Nachfolgemodells, der SL350, sollen die Überzeugungen zwischen den Ingenieuren von Rollei und „Ex“-Voigtländer auseinandergegangen sein. Statt der elektronischen Lösung einer Rolleflex SL35, wurden im Nachfolgemodell wieder Seilzüge zur Übertragung von Blende, Belichtungszeit und Filmempfindlichkeit verwendet. Die Weiterentwicklung der Rolleiflex SL350 wurde eingestellt und die Produktion nach deutlich unter 10000 Exemplaren gestoppt. Die indirekten Nachfolgemodelle, ebenso mit dem QBM-Bajonett, basieren allerdings auf älteren Zeiss Ikon SL706, woraus sich die Rolleiflex SL35E, SL35M, SL35ME und ebenso die Schwesternmodelle Voigtländer VSL 1, VSL 2 und VSL 3 entwickelten, ohne viel mit mechanischen Vorgängern gemeinsam zu haben. 1971 lagen die Rechte von Voigtländer bei Rollei. Die Kameras wurden daher alle im Werk von Singapur gefertigt und waren entsprechend weitgehend identisch oder teilten sich Baugruppen und Bauteile. Die Modelle aus dem Hause Rollei wurden dabei immer etwas besser ausgestattet und höher angesiedelt.

Die Kamera verwendet eine Belichtungsmessung bei der Arbeitsblende statt der Messung bei Offenblende. Mit dem Druck auf die Blendentaste wird erst auf die gewählte Blende abgeblendet, damit die Belichtungsmessung gestartet um dann mittels passender Blende oder Verschlusszeit den Zeiger des Belichtungsmessers in die Kerbe im Sucher einzubalancieren.

Das Rolleiflex SL35 System bietet ein paar spannende Objektive. Beim Kitobjektiv Planar 50mm f1.8 hat es Zeiss mit einer hervorragenden Rechnung anscheinend etwas übertrieben, was meint, es ist eigentlich für diese Preisklasse zu gut. Dabei spielt es weniger eine Rolle ob das Objektiv erst in Deutschland bei Carl Zeiss, dann in Lizenz bei Voigtländer oder später in Singapur gefertigt wurde.

Etwas seltener als das Kitobjektiv ist das links dargestellte Carl Zeiss Planar 50mm f1.4 zu finden. Gerade die neueren Objektive haben eine hochwertige „High-Fidelity-Transfer“-Vergütung, kurz HFT, statt der üblichen T* Vergütung, welche markenrechtlich Zeiss vorbehalten blieb.

Insgesamt steht eine ausreichend große Objektivpalette zur Verfügung um alle Brennweiten abzudecken. Neben den Linsen von Zeiss und Schneider-Kreuznach ließ Rollei seine Rollinare vorwiegend bei Mamiya produzieren.

Das Carl Zeiss Planar 50mm f1.4 ist noch etwas lichtstärker und offenblendig genutzt nur wenige Zentimeter rasiermesserscharf.

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