Mercedes Euklid 29 – Enigma für Objektive?

Ist das etwa eine Enigma? Schön wärs, denn diese elektromechanischen Verschlüsselungsmaschinen aus dem Zweiten Weltkrieg um geheime Nachrichten zu codieren und entschlüsseln, erzielten teils Auktionsergebnisse von über 400.000 Dollar. Tatsächlich könnte man es beim Anblick von dem „Ding“ fast meinen, denn wie eine Schreibmaschine sieht das mehr als 12 kg schwere kofferartige Gebilde mit Tasten, Walzen und Knöpfen nicht ganz aus. Aber leider doch keine Enigma, dafür eine Mercedes Euklid Modell 29.

Es handelt sich um eine Vierspezies-Proportionalhebelmaschine mit Maltesergetriebe, welches das Einstellwerk und Resultatwerk miteinander koppelt – kurz gesagt, ein überdimensionierter „Taschenrechner“, der von 1934 bis 1953 von den Mercedes Büromaschinen Werke Zella-Mehlis in Thüringen produziert wurde. Das Modell ist auch die letzte rein handbetriebene Rechenmaschine seiner Art und beherrscht auch die automatische Division. Mechanische Rechenmaschinen spielten auch bei der Entwicklung von Objektiven eine zentrale Rolle. Dabei handelte es sich um einen interdisziplinären Entwicklungsprozess, der Experten aus verschiedenen Bereichen zusammenbrachte. Dazu gehören Disziplinen wie Optik, Physik, Mechanik, Materialwissenschaft von optischen Glas und Vergütungen. Die Eigenschaften von Objektiven mussten daher in Form von tausenden Berechnungen erechnet werden, wobei mit der wachsenden Anzahl an Linsen die Komplexitiät immer mehr an die Grenzen gelangte. Die Rechenleistung wurde Computoren, den „Rechenknechten“, in stupider Arbeit erbracht. Der Begriff “Computor” ist eine historische Bezeichnung für Menschen, die für mathematische Berechnungen und Datenauswertungen verantwortlich waren. Diese Personen führten Berechnungen manuell aus, oft unter Verwendung von mechanischen Hilfsmitteln wie Rechenschiebern, logarithmischen Tafeln und anderen mathematischen Instrumenten. Ein bekanntes Beispiel für Computoren waren die “Menschlichen Computer” (human computers) bei der NASA und anderen Forschungseinrichtungen in den 1940er und 1950er Jahren. Diese Computoren waren oft hochqualifizierte Mathematiker und Ingenieure, die komplexe mathematische Berechnungen durchführten, um beispielsweise Berechnungen für Flugzeuge, Raumfahrzeuge oder ballistische Flugbahnen für Raketen zu berechnen und zu analysieren.

Der Kinofilm “Hidden Figures” aus dem Jahr 2016 erzählt die wahre Geschichte von drei afroamerikanischen Mathematikerinnen in Zeiten vor dem Civil Right Act, die während des “Space Race” der 1960er Jahre bei der NASA arbeiteten. Diese bemerkenswerten Frauen und „coloured computers“ spielten eine entscheidende Rolle bei der Berechnung von Flugbahnen, Landezonen und anderen wichtigen Aufgaben, die für die amerikanische Raumfahrtgeschichte beim Mercury- und Apollo-Programm von großer Bedeutung waren. Der Film zeigt recht deutlich die Lösung von mathematischen Problemen an überdimensionierten Kreidetafeln, mechanischen Rechenmaschinen und den Einzug des ersten Computers von IBM, welcher gleichzeitig auch die Jobs der „coloured computers“ gefährdete.

Die Kopfarbeit der Computoren wurde daher von den mechanischen Rechenmaschinen wie der Mercedes Euklid 29 und später von Computern unterstützt. Eine zeitgenössische Werbung benennt die Vorteile der mechanischen Rechenmaschinen mit den Worten „Zwei Hände – Früher 4 Köpfe“. Konrad Zuse, Erfinder des Computers und selbst Statiker in den Henschel Flugzeugwerken im Zweiten Weltkrieg erklärte einmal, er habe den Computer „nur“ erfunden, um sich die lästige, anstrengende und stupide Arbeit des Rechnens von einer Maschine abnehmen zu lassen. Mechanische Rechenmaschinen waren daher auch bei Zeiss notwendig, um komplexe Berechnungen durchführen zu können. Diese wurden dann später mit dem Aufkommen von Computern wie dem relaisbasierten OPREMA, der Optik-Rechen-Maschine Rechnenmaschine oder dem ZRA 1, dem Zeiss Rechenautomat 1 ersetzt. Sie ermöglichten Ingenieuren, Mathematikern und anderen Fachleuten, mathematische Aufgaben schneller und genauer zu erledigen. Mechanische Rechenmaschinen und die Enigma-Maschine waren natürlich Geräte, die in verschiedenen Kontexten verwendet wurden. Beide teilen die Eigenschaft der mechanischen Konstruktion, bei der Zahnräder und Walzen eine entscheidende Rolle spielten. Dies führte zur Notwendigkeit für hohe Präzision und Genauigkeit in ihrer Herstellung und Verwendung. Mechanische Rechenmaschinen wurden entwickelt, um mathematische Berechnungen durchzuführen und fanden in Ingenieurwesen, Wissenschaft und anderen Bereichen Anwendung. Sie verwendeten Zahnräder, um mathematische Operationen wie Addition, Subtraktion und Division mechanisch auszuführen. Die Enigma-Maschine hingegen hatte einen völlig anderen Zweck. Sie wurde von militärischen und nachrichtendienstlichen Organisationen während des Zweiten Weltkriegs eingesetzt, um geheime Nachrichten zu verschlüsseln. Die Enigma-Maschine verwendete ebenfalls Zahnräder, jedoch in Verbindung mit elektrischen Schaltungen, um Buchstabenersetzungen in Verschlüsselungsprozessen durchzuführen. Ihre Genauigkeit war entscheidend, um Nachrichten sicher zu verschlüsseln und für die Entschlüsselung nur den beabsichtigten Empfängern zugänglich zu machen. Insgesamt waren mechanische Rechenmaschinen und die Enigma-Maschine Beispiele für die technologische Entwicklung ihrer Zeit. Die Mercedes Euklid 29 half eher dabei die mathematischen Probleme und optischen Geheimnisse bei der Entwicklung von Objektiven zu „entschlüsseln“.

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