Akarette II – Opas AkA vom Bodensee

Die AkArette II, eine Kamera zu der ich eine persönliche Beziehung habe. Es handelt sich bei der Sucherkamera um ein „Erbstück“ von meinem fotobegeisterten Großvater. Opa Franz aus Ravensburg hat diese Kamera irgendwann in der Nachkriegszeit erworben und damit auch einen Teil unserer Familiengeschichte fotografisch festgehalten. Geld war bei den damals noch jungen Erwachsenen nach einer Zeit, die Ihnen die Jugend genommen hatte, nicht im Überfluss vorhanden. Dennoch hat sich mein Großvater, dann doch die AkArette II mit teureren vergütetem XENON 50mm f2 gegönnt.

Die im Jahre 1950 erschiene Kamera kostete in dieser Kombination mit dem Xenon 258,- DM. Das klingt nach nicht viel, was sich allerdings bei einem durchschnittlichen Jahresgehalt im Jahr 1950 von etwa 700,- DM dann doch relativiert. Das Kriegsende lag lediglich fünf Jahre zurück. Deutschland befand sich im Wiederaufbau, aber das deutsche Wirtschaftswunder sollte erst noch kommen. Vielleicht schätze ich gerade aus diesem Grunde diese kleine Kamera etwas mehr, auch wenn es keine Leica ist.

Meine „AkA“ geht auf die Brüder Eugen und Max Armbruster zurürck. Eugen war bereits bei der Entwicklung der Robot, Bessa II und Brillant beteiligt um dann bei Gauthier zu arbeiten. Deren Verschlüsse sollten später auch bei der AkArette verwendet werden. Max, der andere Bruder hatte eine Werkzeugfirma wie auch eine Gießerei in Ulm-Langenau. Die „Apparate und Kamerabau GmBH“ wurde 1946 im Schwarzwald, genauer gesagt in Wildbad gegründet, wo die AkArette I gebaut wurde. Das ehemalige Hotelgebäude, welches von der jungen Firma genutzt wurde, war bald zu klein und die Unterstützung zum Wachstum der beschaulichen Kurortes zu gering. Durch seine Ausflüge in die Alpen verschlägt es einen der Brüder immer wieder auch an den Bodensee. Friedrichshafen war Standort namhafter Unternehmen und deshalb auch Ziel von Luftangriffen mit der Folge der fast vollständigen Zerstörung der Bodenseestadt. Die Ansiedlung neuer Industrie, neuen Arbeitsplätzen und neuem Know-how war damit in der Nachkriegszeit willkommen. Der Umbau einer Zeppelinhalle gestaltete sich für das kleine Unternehmen dann doch zu teuer und so kamen die bei denn Luftangriffen beschädigten Gebäude der Fliegertechnischen Vorschule am Seemoser Horn in Betracht.

Bei solchen „Vorschulen“ handelte es sich um Institutionen des Reichsluftfahrtministeriums im Nationalsozialismus. In dieser erhielten Jugendliche eine technische Berufsausbildung in unterschiedlichen Berufen, aber danach auch eine angehende militärische Ausbildung zum Soldaten der Luftwaffe.

1950 kommt der Nachfolger der AkArette I „made in Friedrichshafen“ auf den Markt. Dabei handelt es sich wiederum um eine Sucherkamera mit zwei Suchereinblicken für die Brennweiten 50mm und 75mm. Zwischen diesen wird mittels einem Schalter an der Vorderseite eine schwarze Maske mit rotem Punkt betätigt. Diese schiebt sich vor das inaktive Fenster.

Im Gegensatz zu anderen Sucherkameras deutscher Hersteller boten die AKA´s Wechseloptiken.

Bei dem ungelabelten Zentralverschluss handelt es sich um einen „Prontor“ aus dem Hause Gauthier, später handelte es ersichtlich sich um den „Prontor-S“. Bei einer der beiden AkAs befindet sich aber dann doch das Firmenlogo von Gauthier in Form eines halbgeöffneten Zentralverschlusses mit drei Lamellen und den Buchstaben AGC, welche für Alfred Gauthier Calmbach stehen.

Den halb geöffneten Verschluss hatte meine AkA leider auch, aber nicht vom Logo. Das lag daran, dass leider ein Bauteil zum spannen des Zentralverschlusses gebrochen war. Deshalb musste eine zweite AkA her, damit Opas gute alte Kamera wieder funktioniert.

Die AkArette II ist für etwas weiteres leider bekannt. Im Gegensatz zu früheren Modellen zeigte sich diese zeitgenössisch metallisch glänzend. Die Messingplatte aus Messingblech ist vernickelt. Die Vernickelung ist allerdings sehr dünn und war damit dem normalen Gebrauch der Kamera nicht gewachsen. Auch das XENAR weist ähnliche Abnutzungsspuren auf. Entweder war das galvanische Verfahren der Kamerawerke noch nicht ganz ausgereift oder es herrschte noch ein entsprechender Materialmangel in Folge der Nachkriegszeit. Mit der wesentlich baugleichen späteren AkArelle wurde die Vernickelung jedenfalls widerstandsfähiger. Nach rechtlichen Streitigkeiten mit der Firma Afga wurde die AkArette zur AkArelle.

Ähnlich verhält es sich bei lackierten Elementen die heutzutage teils komplett vom Gebrauch betrieben sind.

Bei dem Kamerahersteller aus Friedrichshafen kam es zur Entwicklung weiterer Kameramodelle, damit wuchs aber auch der Unfrieden zwischen den beiden Brüdern. Der eine möchte die in Friedrichshafen entwickelte Stereo Kamera in Kooperation mit der Sawyers aus den USA bauen, der andere lehnt das aber ab. Sawyers stellte den „View Master“, einen damals sehr beliebten Stereobildbetrachter her. Fotoamateure hatten den Bedarf eigene Bilder auf den runden Scheiben für den View Master zu erstellen. Das konnte die „View Master Personal Stereo Camera“ vom Bodensee mit ganz normalem 135er Diafilm Der Bruder verlässt erst die Geschäftsleitung, dann die Firma. Seine Kamera wird dann aber doch noch gebaut, allerdings dann wieder im Schwarzwald von der Firma Regula King. Wie andere deutsche Kamerafirmen waren auch die Kamerawerke am Bodensee der wachsenden Konkurrenz aus Fernost nicht gewachsen. Die kleine Firma kommt immer mehr in Schwierigkeiten. Foto Quelle verkauft zwar in größeren Stückzahlen, aber sicherlich als Großabnehmer zu anderen Preisen. 1960 muss die Firma Insolvenz anmelden und so läuft 1963 die letzte Kamera dann vom Band.

Heute gehören die Gebäude zur Zeppelin Universität. Mir natürlich für den ersten Testfilm an den Bodensee eine kleine Reise wert – natürlich mit der AkArette II. Das „AkA“‘ hatte aber gerade wegen Feiertag geschlossen.

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