Berlebach Stativ – natürlich Holz?

Warum ein Berlebach? Ein Holzstativ allein wegen Nachhaltigkeit oder dem Retrolook? Holz, eine ernstzunehmende Alternative zu Aluminium, Carbon und Legierungen? Genauer gesagt handelt es sich um Eschenholz, welches mit seinen hervorragenden Eigenschaften mit Hightechmaterialien locker mithalten kann. Daher sind die Stative vor allem dort gefragt, wo es auf eine gute Dämpfung von Vibrationen ankommt wie dies bei langen Brennweiten, Langzeitbelichtungen und natürlich Teleskopen der Fall ist. Zwar punkten die massiven Stative „made in Germany“ weder im Packmaß noch beim Gewicht, sind aber dafür wesentlich unempfindlicher für den nassen Outdooreinsatz als man bei Holz erstmal denkt. Hinzu kommt die teils enorme Tragkraft. Eschenholz ist ein Hartholz mit einer höheren Zug- und Biegefestigkeit von Eichenholz.

Auch wenn die schicken Stative tatsächlich das Zeug zum Designobjekt oder Eyecatcher haben, diese sind auch als Ausstattung in einem Luxushotel der Emirate zu finden, für mich dann doch Werkzeug und Gebrauchsgegenstand statt Einrichtungsgegenstand. Das Stativ ist zur Aufnahme von einem 2-Wege Sinar Pan Tilt Kopf und der dazu passenden Sinar P gedacht. Die Kombination bringt ein paar Kilogramm auf die Waage. Meine Wahl fiel daher auf das Berlebach UNI 14.

Die UNI Reihe scheint mir für meine Zwecke mit ausreichenden Traglastreserven besser geeignet als das „leichtere“ REPORT. Bei beiden Serien handelt es sich aber generell um äußerst stabile Stative. Das Kamerastativ UNI ist gegenüber der erhältlichen Stative für Teleskope immer noch „leicht“. Bei den Bezeichnungen des Baukastensystems muss man sich kurz einlesen. Die erste Ziffer bezieht sich dabei auf die Größe (1), die zweite Ziffer auf den entsprechenden Schenkelkopf (4), ein eventuelles „C“ kennzeichnet den optionalen verstellbaren Stativanschlag. Nach dem Baukastenprinzip sind die Stative entsprechend nach den eigenen Bedürfnissen bestellter. Wer die (Aus-)Wahl hat, hat die Qual. Berlebach bietet das Stativ in „natur“, sowie gegen Aufpreis in verschiedenen Lackierungen bis zur perfekten Tarnung von Naturfotografen in „camouflage“ an. Obwohl das alles sehr schick aussieht habe ich mich aus diversen Gründen für die klarlackierte Variante in „natur“ entschieden. Es ist eine bloße Mutmaßung und meine beruflichen Erfahrungen mit dem Werkstoff Holz, daher vermute ich dass zukünftige Kratzer und Farbabrieb durch Gebrauch weniger ersichtlich bleiben werden.

Neben der Farbgebung habe ich auch auf die Annehmlichkeiten der Verstellbarkeit der Stativbeine „C“ oder einer kurbelbetriebenen Mittelsäule, Nivellierung und dergleichen für meine Zwecke bewusst verzichtet. Damit handelt es sich um ein massives Stativ mit einer maximaler Höhe ohne Neiger von 130 cm, einem großen Teller mit einer Auflagenfläche von etwa 16 cm Durchmesser und einer Traglast von 55 kg. Das Stativ wiegt ohne Kopf etwas über 6 kg, hat eine Transportlänge ohne den Neiger von etwa 89 cm und eine maximale Höhe von etwa 130 cm. Um noch mehr Stabilität zu erreichen, habe ich dem Stativ die optional erhältliche Spreizsicherung gegönnt, für welche noch die entsprechenden Einhängeschellen gewählt werden müssen. Alternativ lässt sich auch noch eine Kette zur Sicherung der Stativbeine einhängen. Auch ließe sich auf der Spreizsicherung noch eine Ablagefläche fixieren.

Leicht ist das ganze nicht, steht aber dafür bombenfest. Nicht nur das Gewicht spielt eine Rolle, sondern auch die Angriffsfläche, welche große Kameras für Wind bieten. Unterwegs überkommt einen das Gefühl wie ein Vermessungstechniker mit einem Vermessungsstativ durchs Feld zu ziehen. Vielleicht ist auch das der Grund, weshalb man immer mehrere Vermessungstechniker bei der Arbeit sieht, da dies einfach notwendige logistische Gründe hat. Van Gogh und Monet hatten sicherlich auch leichtere Feldstaffeleien dabei, statt eine schwere Studiostaffelei durch Wiesen und Felder zu ziehen. Ohne „Team“ oder Sherpa muss ich mir noch selbst eine kleine Lösung überlegen, die aktuell aus einer Lastenkraxe besteht.

Das Unternehmen aus dem sächsischen Mulda geht auf Peter Otto Berlebach zurück, welcher die Firma 1898 gründete. 1918 begab sich der Gründer in den Ruhestand und verkauft die Firma an Mitarbeiter von Ernemann. Der klassische Handwerksbetrieb machte daraufhin alle technischen Entwicklungen und Modernisierungen vom „hundegezogenen Karren“ bis hin zum Firmenlaster mit. Immer mehr handelte es sich dabei um Stativkonstruktionen, welche die unterschiedlichen Werkstoffe von Metall und Holz vereinte. Mit der Wiedervereinigung kommt das Traditionsunternehmen Berlebach unter Treuhandverwaltung und steht wie selbst wesentlich größere Betriebe kurz vor der Insolvenz und dem endgültigen Aus. War man immer um den Erhalt von Betrieben und Erhalt von Arbeitsplätzen bemüht? Um die Traditionsmarke zur erhalten, erwirbt Wolfgang Fleischer Gebäude, Maschinen, Grundstücke und den Markennamen „Berlebach“. Es folgen erstmal notwendige Investitionen um das Unternehmen innovativ und sogleich wettbewerbsfähig für den Markt der westlichen Welt zu machen. Es gibt genügend Gründe ein Produkt „made in Germany“ zu kaufen und sich neben Aluminium und Carbon auch mal das Material Eschenholz genauer anzusehen. Neben Ersatzteilen und der langen Garantie, bietet Berlebach auch die Reparatur von deren Produkte bis zu einem Alter von drei Jahrzehnten an. Daher werde ich an meinem Berlebach sicherlich einige Jahre und Jahrzehnte Freude haben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert